Bewertung des Emissionshandels nach umweltökonomischen Kriterien
Erstellt am: 14.11.2010 | Stand des Wissens: 15.02.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Die Umweltökonomie entwickelte in den 1980er Jahren die Kriterien ökonomische Effizienz, dynamische Anreizwirkung und ökologische Treffsicherheit zur Bewertung eingesetzter Instrumente. Ein viertes Kriterium, welches ebenso zur Einschätzung herangezogen wird, ist die politische Durchsetzbarkeit. Ein Emissionshandelssystem kann zur Erfüllung all dieser Kriterien einen relevanten Beitrag leisten.
Ökonomische Effizienz: Ein Instrument ist dann als effizient einzustufen, wenn das angestrebte Ziel mit dem Einsatz minimaler Kosten erreicht werden kann. In einem Emissionshandelssystem bestehen für betroffene Unternehmen Anreize, Potenziale zur Emissionsreduktion zu nutzen, um überflüssige Zertifikate gewinnbringend zu verkaufen. Die Zertifikate können dann in den Bereichen zum Einsatz kommen, wo Emissionsreduktionen teurer sind. Dadurch können die volkswirtschaftlich am günstigsten zu mobilisierenden Vermeidungspotenziale ausgeschöpft werden [Küll08, S. 46 ff.]. Emissionshandelssysteme sind kosteneffizient. Viele Emissionshandelssysteme sehen nachsteuernde und flexibilisierende Maßnahmen wie Banking und Borrowing zur Gewährleistung intertemporaler Flexibilität vor.
Dynamische Anreizwirkung: Ein dynamischer Anreiz besteht dann, wenn das Instrument Teilnehmende konstant dazu bringt, emissionsmindernde Technologien einzuführen und weiterzuentwickeln. Dieser Anreiz ist grundsätzlich vorhanden, denn durch Emissionseinsparungen werden Zertifikate frei, die gewinnbringend verkauft werden können. Gleichzeitig muss die Einführung eines Emissionshandelssystems mit einer stetigen Verknappung der Zertifikate verknüpft werden, um den dynamischen Anreiz aufrechtzuerhalten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass nach der Einführung einer Innovation die Nachfrage nach Zertifikaten und folglich auch der Preis von Zertifikaten sinkt. Dadurch verringert sich der Anreiz zur weiteren Emissionsreduktion [Küll08, S. 51 ff.].
Ökologische Treffsicherheit: Die ökologische Treffsicherheit beschreibt, wie gut ein Instrument zur Erreichung eines Umweltziels beiträgt. Der Staat legt für die Emissionshandelssysteme eine Gesamtemissionsmenge fest, welche einen zulässigen Maximalausstoß an Kohlenstoffdioxid (CO2) beinhaltet. Der Umstand, dass ein fixes Mengenziel vorgegeben wird, das nicht überschritten werden darf, unterscheidet den Emissionshandel von anderen Instrumenten (zum Beispiel der CO2-Steuer). Bei einer regelmäßigen Neuzuteilung der Zertifikate können auch Verschärfungen der Klimaziele durch Verknappung der Gesamtmenge berücksichtigt werden [Küll08, S. 48 ff.]. Von besonderer Bedeutung ist, dass ein ambitioniertes Mengenziel (ein sogenanntes Cap) festgelegt wird.
Politische Durchsetzbarkeit: Das Kriterium der politischen Durchsetzbarkeit verdeutlicht, ob Widerstände durch Öffentlichkeit, Politik und Wirtschaft zu erwarten sind. Es ist zwar stets Widerstand von zertifikatspflichtigen Akteuren und deren Lobby gegen ein Emissionshandelssystem zu erwarten. Dennoch ist der Emissionshandel gegenüber ordnungsrechtlichen Instrumenten (Geboten oder Verboten) von Vorteil, wenn es um die Beachtung der marktwirtschaftlichen Prinzipien von Produzenten- und Konsumentensouveränität geht. Im Gegensatz zu einer regulatorischen Einschränkung der Wahl zwischen verschiedenen Vermeidungsoptionen werden mit einem umfassenden Emissionshandelssystem nur die mit den jeweiligen Alternativen verbundenen Kosten und Nutzen beeinflusst (zum Beispiel [ZEW01, S. 6]). Wegen der vom Zertifikatemarkt ausgehenden Anreizwirkung beziehen Unternehmen und Haushalte bisher von ihnen vernachlässigte externe Effekte in ihre einzelwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Kalküle ein. Dies bewirkt die Internalisierung externer Effekte. Damit wird die Übernutzung des öffentlichen Gutes "Umwelt" verringert, ohne die Wahlfreiheit der Wirtschaftssubjekte zu beeinträchtigen.