Methodik der Bildung von Raumkategorien
Erstellt am: 29.09.2010 | Stand des Wissens: 23.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Aus raumplanerischer Sicht existieren für Deutschland zwei etablierte raumstrukturelle Klassifizierungssysteme. Dazu zählen die vom Ingenieurbüro BIK GmbH entwickelten BIK-Regionen sowie die siedlungsstrukturellen Regions-, Kreis- und Gemeindetypen des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). In vielen Anwendungsbereichen kommt außerdem die räumliche Klassifizierung nach Ortsgrößenklassen zur Anwendung [WIT08, S. 15]. Auf weitere Möglichkeiten der Raumstrukturierung soll nicht weiter eingegangen werden.
(1) BIK-Regionen
Eine Systematik zur Abgrenzung und Einteilung siedlungsstruktureller Regionstypen sind die sogenannten "BIK-Stadtregionen". Diese verwenden vorzugsweise sozioökonomische und funktionale Abgrenzungskriterien und sind das Ergebnis der im Jahre 1987 erfolgten Fortschreibung der von Olaf Boustedt Anfang der 1950er-Jahre erarbeiteten Stadtregionensystematik. Die Aktualisierung erfolgte durch die BIK Aschpurwis und Behrens GmbH (BIK GmbH) auf Basis der Volkszählung im Jahr 1987. Die deutsche Wiedervereinigung stellte weitere Anforderungen an eine solche Stadtregionssystematik. Im Jahr 2000 erfolgte daher die Neuerarbeitung der BIK-Stadtregionen durch die BIK GmbH. Auf Grund der Zunahme der räumlichen Mobilität und der Pendlerverflechtungen wurden im Jahr 2010 die BIK-Regionen erneut angepasst [BIK10]
Die Methode zur Erstellung der BIK-Regionen orientiert sich an den BIK-Stadtregionen. Die Stadt-Umland-Beziehung wird über die Berufspendler erfasst und Strukturmerkmale liefern die innere Gliederung der Regionen. Die BIK-Regionen Systematik deckt 93% der deutschen Bevölkerung ab und hat somit einen hohen Deckungsgrad der deutschen Regionen [BIK19].
Unter dem neuen Namen BIK-Regionstypen erfolgte die gemeindescharfe Abbildung der gesamten Bundesrepublik Deutschland bei Verwendung einer einheitlichen Datenbasis von den Städten bis zu den Unterzentren. Die BIK-Regionen-Systematik besteht an erster Stelle aus sogenannten BIK-Regionstypen, die in sogenannte BIK-Strukturtypen unterteilt werden.
1.1 Äußere Abgrenzung
"Zu einer BIK-Region gehören die Gemeinden, deren Pendlerpriorität auf eine gemeinsame Kernstadt gerichtet ist und wenn die Pendlerquote mindestens 7 Prozent beträgt" [BIK19], das heißt mindestens sieben Prozent der Wohnbevölkerung pendeln als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in diese Kernstadt.
"Vielfach folgt die räumlich-funktionale Verflechtung nicht dem einfachen Kern-Umland-Schema. Deshalb wurden Kernstädte, die ihrerseits eine Pendlerpriorität von fünf Prozent oder mehr auf eine andere Kernstadt haben, mit ihrem Umland der BIK-Region dieser hierarchisch höher stehenden Kernstadt zugeordnet" [BIK01].
"Vielfach folgt die räumlich-funktionale Verflechtung nicht dem einfachen Kern-Umland-Schema. Deshalb wurden Kernstädte, die ihrerseits eine Pendlerpriorität von fünf Prozent oder mehr auf eine andere Kernstadt haben, mit ihrem Umland der BIK-Region dieser hierarchisch höher stehenden Kernstadt zugeordnet" [BIK01].
1.2 BIK-Regionstypen
Es werden vier Arten von BIK-Regionen und eine sonstige unterschieden:
- Ballungsräume,
- Stadtregionen,
- Mittelzentrengebiete,
- Unterzentrengebiete,
- keine BIK-Region.
1.3. Die BIK- Strukturtypen
"Die Gemeinden in den BIK-Regionen werden wie im Jahr 2000 nach der Einwohner-/Arbeitsplatzdichte in vier Klassen eingeteilt. Die Gemeinden außerhalb der BIK-Regionen bilden eine fünfte Klasse. Die BIK-Strukturtypen sind ein eigenständiges Gliederungsmerkmal und können wie bisher unabhängig von den BIK-Regionen für Analysen verwendet werden." [BIK10a, S.7]:
- Kernbereich,
- Verdichtungsbereich,
- Übergangsbereich,
- peripherer Bereich,
- keine BIK-Region.
1.4. BIK-Regionsgrößenklassen
Die BIK-Regionsgrößenklassen klassifizieren die BIK-Regionen nach ihrer Bevölkerungszahl. Alle Gemeinden einer BIK-Region werden einer entsprechenden Regionsgrößenklasse zugeordnet die eigentliche Größe der Gemeinde spielt dabei keine Rolle. "Für weitere Analysen [...] werden die Gemeinden einer Größenklassensystematik zugeordnet, die die Bevölkerungszahl in der jeweiligen BIK-Region oder in der Gemeinde berücksichtigt" [BIK19, BIK10a]. Gehört eine Gemeinde nicht zu einer BIK-Region, wird diese Gemeinde nach ihrer tatsächlichen Bevölkerungszahl eingeordnet.
Für die BIK-Regionsgrößenklassen existieren eine Siebener-Systematik und eine Zehner-Systematik.
(2) Regionstypisierung nach BBSR
Auf bundesweiter Ebene wird die Raumordnung durch die "Siedlungsstrukturellen Kreis- oder Regionstypen des BBSR" vertreten. Diese unterteilen die zu analysierenden Räume strukturell in drei Gebietstypen/ Raumkategorien [BBSR16a]:
- Agglomerationsräume (ab 850 Einwohner (EW) je Quadratkilometer),
- verstädterte Räume (150 bis 850 EW je Quadratkilometer),
- ländliche Räume (unter 150 EW je Quadratkilometer).
Dabei orientiert sich die Typisierung des BBSR an den administrativen Gebietseinheiten (Regionen, Kreise und Gemeinden), für die in der Regel eine umfangreiche und bundesweit einheitliche Datengrundlage zur Verfügung steht.
Die Typisierung von Räumen erfolgt vor dem Hintergrund, räumliche Disparitäten zu analysieren, entsprechende Leitbilder situationsgerecht zu formulieren und raumplanerische Handlungsansätze zu entwickeln. Raumtypen beziehungsweise Raumstrukturtypen dienen somit der Beschreibung und Gliederung von Raum- und Siedlungsstrukturen [BBSR12a, S.14].
(3) Politische Ortsgrößenklassen
Raumeinheiten können auch auf der Basis ihrer Gemeindegröße abgegrenzt werden. Werden Gemeinden anhand ihrer Bevölkerungszahl an einem Stichtag (in der Regel 30. Juni beziehungsweise 31.Dezember) eines Jahres bestimmten Klassen zugeordnet, entstehen sogenannte politische Ortsgrößenklassen. Dabei existiert keine einheitliche Klasseneinteilung [WIT08, S. 19].
Die amtliche Statistik benutzt häufig folgende Klassen [WIT08, S. 19]:
- ländliche Bevölkerung (weniger als 2.000 EW),
- Landstädte, Landbevölkerung (2.000 bis weniger als 5.000 EW),
- Kleinstädte (5.000 bis weniger als 20.000 EW),
- Mittelstädte (20.000 bis weniger als 100.000 EW),
- Großstädte (mehr als 100.000 EW).
Die politischen Ortsgrößenklassen ermöglichen "eine gemeindescharfe Abbildung des gesamten Bundesgebietes" und werden zur Darstellung realer raumrelevanter Einflüsse auf das Verkehrsverhalten genutzt, beispielsweise bei der Verkehrserhebung Mobilität in Deutschland (MiD) [WIT08].