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Der Subjektive Bewertungsansatz

Erstellt am: 12.08.2010 | Stand des Wissens: 14.07.2023
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Der Subjektive Bewertungsansatz wird vor allem zur unmittelbaren Bewertung des Schadens auf den Geschädigten angewendet und ist oft ein Bestandteil des Bottom-Up- und Top-Down-Modelles.
Es gibt als subjektive Bewertungsansätze vor allem den hedonistischen Preisansatz und die kontingente Bewertungsmethode.

Der hedonistische Preisansatz ist eine indirekte Bewertungsmethodik, die über den Einfluss externer Effekte auf Marktpreise deren tatsächlichen Auswirkung ermittelt. Sämtliche durch die externen Effekte hervorgerufenen Preisänderungen werden summiert.
Als Beispiel lassen sich externe Effekte einer neuen Straße nennen. Die Grundstückspreise an der neu entstandenen Straße werden auf Grund der zusätzlichen Lärm- und Schadstoffemissionen sinken, die Grundstückspreise in mittelbarer Nähe der Straße steigen auf Grund der verbesserten Verkehrsanbindung.
Die Marktpreise werden zwar subjektiv bestimmt, basieren aber auf Daten, die aus realem Marktgeschehen abgeleitet sind und dadurch über eine hohe Glaubwürdigkeit verfügen. So treten keine strategischen Spielräume und Anreize für eine verzerrte Angabe von Zahlungsbereitschaften auf, wie dies bei Befragungen der Fall sein kann.

Problematisch ist vor allem die Zuordnung von Preisänderungen zu bestimmten Ursachen und Einzelfaktoren. Preisänderungen sind in den seltensten Fällen monokausal. Änderungen können von der allgemeinen Marktsituation genauso abhängen wie externe Effekte sie beeinflussen können. Bei den externen Effekten selbst ist die genaue Zurechnung mit diesem Verfahren nahezu unmöglich, da immer die Summe der Effekte den Preis bestimmt. Im Falle der Emissionen durch den Straßenverkehr ist es schwer möglich, die Grundstückspreisminderung allein auf den Straßenlärm oder die Abgase zurückzuführen.
Hinzu kommt die Problematik, dass Preise oft nicht sofort reagieren, sondern sich erst langsam und mit signifikanten Verzögerungen an den Zielwert anpassen, was zu weiteren Schwierigkeiten in der direkten Zurechenbarkeit führt.

Die kontingente Bewertungsmethode (auch Contingent Valuation) ist der Versuch, über Befragungen Nutzeneinbußen zu ermitteln, welche kaum durch Marktbewertungen zu ermitteln sind. Diese Methode wird oft angewandt, wenn kaum verwertbare direkte oder indirekte Marktinformationen vorliegen. Real beobachtbare Präferenzen hätten im Gegensatz zu vorgegeben Präferenzen den Vorteil, dass Falschangaben im Zuge der Befragung zum eigenen Vorteil ausgeschlossen werden könnten.
Durch die Befragung bekunden die Betroffenen ihre gewünschte Kompensation für einen bestimmten, durch externe Effekte entstandenen Schaden. Dies wird als die jeweilige Nutzeneinbuße des Befragten angenommen. Der Durchschnittswert der bekundeten Nutzeneinbußen aller Befragten bei bestimmten Immissionen wird als objektiver Schaden angenommen. Der Gesamtschaden ist nun die Summe alle Schäden auf alle Geschädigten, auf die dieser objektive Schaden der Immissionen wirkt.

Beispiel:
Das Ergebnis einer Befragung sei, dass im Durchschnitt Betroffene bereit wären, für die Reduktion des Verkehrslärms von 60 Dezibel auf 50 Dezibel 12 Euro pro Monat zu bezahlen. Der Ausbau dieser Straße, dessen Folge eine Erhöhung des Verkehrslärm um 10 Dezibel von 50 Dezibel auf 60 Dezibel wäre, würde demnach bei jedem der Geschädigten einen Schaden verursachen, der nach der kontingenten Bewertungsmethode 12 Euro entspräche.
Als Erweiterung in der kontingenten Bewertungsmethode können die Attribute der Befragten (Alter, Einkommen, Gesundheitszustand, Informationsstand) aufgenommen werden. Dadurch können die ermittelten Schäden von der Situation der Geschädigten abhängig gemacht werden (für schwerhörige ist Straßenlärm etwa weniger schädigend als Abgase). Dadurch erhöht sich die Aussagekraft der Schadensschätzung.

Die Methode ist, wie eingangs erwähnt problembehaftet:
  • Es können Probleme für den Befragten bestehen, derart dass er den Nutzen schwer abstrahieren kann. So kann dem Befragten der Wertes eines Gutes oder der Wert der Abwesenheit von Emission kaum bewusst sein (ihm ist nicht klar, wie schlecht es ihm zum Beispiel an einer stark befahrenen Straße gehen würde).
  • Ein weiteres Problem kann bestehen, wenn die subjektive Bewertungsmethode als Ergänzung zur Dosis-Wirkungsbewertung herangezogen wird. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Befragten der Dosis-Wirkungsbeziehung klar sind und in die subjektive Bewertung einfließen lassen.
  • Wenn Befragte davon ausgehen, dass die Antwort ihrer Fragen zu Kompensationszahlungen führen, werden sie möglicherweise je nach Situation ihre Angaben strategisch erhöhen oder verringern.
  • Die Angaben sind stark einkommensabhängig.
Durch exakte und anreizkompatible Befragung lassen sich diese Probleme aber oft begrenzen. [vgl. dazu: UBA07g]

Eine Erweiterung der kontingenten Bewertungsmethode ist der attributisierte Bewertungsansatz, bei dem unterschiedliche Charakteristika einer Emission oder eines Gutes bewertet werden sollen.
Glossar
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Literatur
[UBA07g] Umweltbundesamt, Dr. Sylvia Schwermer Ökonomische Bewertung von Umweltschäden, Methodenkonvention zur Schätzung externer Umweltkosten, 2007/04
Glossar
dB(A) Messgröße des A-bewerteten Schalldruckpegels zur Bestimmung von Geräuschpegeln. Die dB-Skala ist logarithmisch aufgebaut, d. h. eine Verdoppelung der Lärmintensität führt zu einer Erhöhung um 3 dB. Das menschliche Ohr empfindet eine Erhöhung um 10 dB als Verdoppelung der Lautstärke. Hierzu ist eine Schallintensitätsverzehnfachung erforderlich. Der Zusatz "(A)" gibt an, dass dem betreffenden Messergebnis die standardisierte A-Berwertungskurve zugrunde liegt. Sie berücksichtigt einen nichtlinearen frequenz- und pegelabhängigen Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommenem Läutstärkepegel und vorliegendem Schalldruckpegel. So empfindet das menschliche Gehör bspw. mittlere Frequenzen im Vergleich zu niedrigen Frequenzgängen als wesentlich lauter, weshalb die Einheit dB(A) entsprechende Tonhöhen stärker gewichtet. Ein gesundes Ohr kann bereits einen Schalldruck von 0 dB (A) wahrnehmen (Hörschwelle), bei Werten über 120 dB (A) wird die Geräuschbelastung unerträglich laut (Schmerzgrenze). Eine Langzeiteinwirkung von über 85 dB(A) zieht u. U. dauerhafte Gehörschäden nach sich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?328793

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 15:28:45