Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Seehäfen
Erstellt am: 04.06.2010 | Stand des Wissens: 27.07.2022
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr lassen sich grob typisieren in Sensibilisierung, Zielschutz und Anpassung. Nach dem Terroranschlag vom 11.09.2001 war zunächst eine hohe Sensibilisierung für Gefahren aus terroristischen Angriffen gegeben. Die in der Folge getroffenen Maßnahmen waren zunächst vor allem auf den Zielschutz gerichtet, so die Zugangsbeschränkungen zu Hafenanlagen und Schiffen im ISPS-Code.
Vor allem von den USA wurden schnell Initiativen ins Leben gerufen um die Sicherheit im Schiffsverkehr zu erhöhen. Hierzu zählen unter anderem die Container Security Initiative (CSI), die 24-Stunden-Regel (Manifestdaten an US-Zoll spätestens 24 Stunden vor Verladung der Container im ausländischen Abgangshafen), das Automated Manifest System (AMS) und die Customs - Trade Partnership Against Terrorism (C-TPAT) [Roos05].
In Umsetzung des ISPS-Codes wurden 2004 Risikobewertungen von den zuständigen Behörden (Designated Authority) durchgeführt. Im Anschluss haben die Betreiber der Hafenanlagen die Pläne zur Gefahrenabwehr aufgestellt. Diese wurden bis zum 01.06.2004 durch die zuständigen Behörden genehmigt [Orde05].
In den meisten Unternehmen sind für die unter normalen Betriebsbedingungen möglichen Unfälle bereits Sicherheitspläne vorhanden. Diese wurden um die Gefahren durch Terrorismus erweitert [Roos05].
In den Gefahrenabwehrplänen sind umfangreiche bauliche und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit vorgesehen, unter anderem:
- 24-Stunden-Service am gate mit neuen Zugangskontrollsystemen
- Einführung von Mitarbeiter- und Besucher-Identifikationssystemen
- Bestreifung und Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Geländes durch Video-und Infrarotkameras
- Verstärkte Überwachung des Güterumschlags
- Überwachung der Proviantannehme
- Einrichtung und Überwachung von Sperrgebieten auf der Anlage
- Regelmäßige Übungen auch zur Evakuierung der Anlage
- Umzäunung der Anlage [Orde05]
In den USA wurden im SAFE Port Act 2006 und der "House Resolution No. 1 (H.R.1): Implementing Recommendations of the 9/11 Commission Act of 2007", vorhergehende Regelungen zusammengefasst und ergänzt. Er umfasst vor allem:
- zusätzliche Sicherheitsanforderungen an Hafenanlagen
- die Schaffung eines Transportarbeiterausweises
- die Einrichtung eines "interagency operational centres for port security"
- ein Finanzierungspaket für Hafensicherheit
- die "Container-Security-Initiative"
- Sicherheitsbewertungen ausländischer Häfen
- die "Customs Trade Partnership against Terrorism" (C-TPAT)
So blieb in den zwei größeren Testhäfen die Inspektionsrate unter fünf Prozent und selbst in den kleineren Häfen konnten 100 Prozent bei weitem nicht erreicht werden [GAO09, S.6, TrNL10, EuKom10a]. Für Europa wurden 2009 Inspektionsraten von zwei Prozent für den Verkehr Europa-USA und 0,1 1 Prozent für alle Importcontainer angegeben [JTRC09, S.13]. In einer Studie der Europa-Kommission wird das Scannen, besonders für die europäischen Häfen als teuer, den Transportfluss störend und zu Wohlfahrtsverlusten führend bezeichnet [GAO09]. Die EU strebt an, die breite Vielfalt der Sicherheitsrisiken anzugehen und die Supply Chain Security nicht nur vom nationalen Standpunkt aus zu betrachten [EuKom10a, S.4f.].
Die Wirksamkeit der bereits eingeführten und in der Diskussion befindlichen Sicherheitsmaßnahmen im Seetransport wird von Experten bezweifelt und die Tendenz gesehen, Sicherheitsmaßnahmen je nach Mittelverfügbarkeit und Markterfordernissen zu treffen [JTRC09, S.14].