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Kritische Einflussfaktoren des Kombinierten Verkehrs

Erstellt am: 17.05.2010 | Stand des Wissens: 06.11.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Der zentrale Einflussfaktor bei der Bewertung des Kombinierten Verkehrs ist der Preis, mit dem dieses Angebot als Alternative zu den Direktverkehren konkurriert. Er stellt für die meisten Kunden die Grundlage für die Entscheidung über die Nutzung dar. Darüber hinaus werden durch den Preis weitere Einflussfaktoren indirekt abgebildet. Dabei ist eine Unterteilung dieser Aspekte in exogene, das heißt nicht durch die direkt am Kombinierten Verkehr beteiligten Akteure veränderbaren Faktoren und in endogene Faktoren, Aspekte mit interner Gestaltungsmöglichkeit, sinnvoll.
Im September 2014 wurde eine Umfrage vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) und Prof. Dr. Paul Wittenbrink von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Lörrach durchgeführt, bei der Verlader und Dienstleister bezüglich der Chancen und Risiken des Kombinierten Verkehr befragt wurden. An der Umfrage haben sich ungefähr 53 Prozent Verlader und 47 Prozent Dienstleister beteiligt [GbWi14, S. 1]. Rund 43,6 Prozent der Verlader gaben an, dass sie den Kombinierten Verkehr nicht nutzen, da dieser eine geringe Geschwindigkeit aufweist. Ebenfalls sind für 25,5 Prozent die Kosten im Vor- und Nachlauf zu hoch. Des Weiteren gaben fast 40 Prozent der Dienstleister an, unzufrieden mit dem Service der Bahn zu sein und finden, dass die Wege zu den Terminals zu lang sind und zu wenig Verbindungen geboten werden [GbWi14, S. 5-9]. Ferner liegt der Preis für einen Trailer, der für Schienen- und Straßennutzung tauglich ist, um ungefähr 15 Prozent höher als bei einer reinen Straßenfahrzeugnutzung [JoKo13].

In der Publikation des Verbands der Automobilindustrie (VDA) "Agenda Mobilität 2020" identifiziert der VDA wesentliche Faktoren, von denen die Entwicklung des Kombinierten Verkehrs wesentlich beeinflusst werden kann [VDA08b, S. 19]. In den folgenden Bereichen sind laut dem VDA [VDA08b, S. 19] noch Verbesserungen notwendig, um das Potenzial des Kombinierten Verkehrs auszuschöpfen:
  • Ausbau der zum Teil hoch belasteten Umschlaganlagen
  • Verbesserung und Weiterentwicklung innovativer Umschlagtechniken
  • Leistungsqualität ausgerichtet an Kundenbedürfnissen
  • Reduzierung der Kosten im Vor- und Nachlauf
  • Abbau von organisatorischen, betrieblichen und technischen Hemmnissen
Die Notwendigkeit von Umschlägen ist ein großer Kostentreiber des Kombinierten Verkehrs, da neben den Kosten für die Errichtung von Umschlagterminals auch entsprechende Betriebskosten verursacht werden. [Kuhl13, S.33]. Entsprechend werden Umschlagterminals nur an strategisch günstigen Standorten errichtet, was die Kunden eines solchen KV-Terminals räumlich einschränkt. Ebenfalls weisen solche Umschlagterminals häufig feste Abfahrtszeitpunkte pro Tag auf, was den Kunden zudem bezüglich der Flexibilität einschränkt. [Kuhl13, S.33]
Eine Studie zu den Herausforderungen des Intermodalverkehrs im Staugütertransport aus dem Jahr 2023 betont außerdem, dass der höhere organisatorische Aufwand durch Vor- und Nachlauf sowie Umschlag eine wesentliche Hürde darstellt. Nationale Unterschiede im Schienennetz führen häufig zu Verzögerungen und komplexer Kommunikation mit Kunden. Eine globale Vereinheitlichung des Schienennetzes und der Einsatz multinationaler Lokomotiven könnten diese Probleme mindern. Intermodalverkehr eignet sich, laut den Untersuchungen, besonders für Massengüter, die nicht zeitkritisch sind, während zeitkritische Güter durch frühzeitige Transporte und Lagerung an Terminals effizienter bearbeitet werden können. Der Ausbau der Schieneninfrastruktur und die Verbesserung von Ortungs- und Verfolgungssystemen sind entscheidend. Prognosen über die Kapazität des Schienennetzes und verfügbare Lagerflächen fehlen bisher, jedoch wird ein steigendes Interesse an intermodalen Transporten erwartet [Kost23].
Dieses Interesse ist ebenfalls von entscheidender Wichtigkeit, wie in dieser Diplomarbeit bereits 2010 erkannt wurde, denn es führt zu öffentlichem Interesse und daraus resultierenden staatlichen Fördermaßnahmen, die die Kosten entscheidend korrigieren können [Eiter10].
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Kosten und Leistungsfaktoren des Kombinierten Verkehrs (Stand des Wissens: 06.11.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?321698
Literatur
[Eiter10] Carsten Eiter Untersuchung des deutschen Marktes für kombinierte Verkehrsleistungen aus Sicht der Akteure, 2010/09/29
[GbWi14] Gunnar Gburek,, Prof. Dr. Paul Wittenbrink Kombinierter Verkehr 2014 - Chancen und Risiken, 2014/10/01
[JoKo13] Joachim Koch Die Entwicklung des Kombinierten Verkehrs: Ein Trajekt im Eisenbahnparadigma, Ausgabe/Auflage 1, Deutscher Universitätsverlag / Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 2013/07/02, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-663-08384-9, ISBN/ISSN 978-3-663-08384-9
[Kost23] Hana Kostolanska Erarbeiten von ökonomischen und ökologischen Potentialen und Herausforderungen des Intermodalverkehrs im Staubgütertranspor, 2023/03
[Kuhl13] Kuhlmann, Adina Silvia Konstruktion und Implementierung eines Optimierungsmodells für den Kombinierten Güterverkehr, 2013
[Neub19] Neubauer, Sandra Arbeitszeit für LKW-Fahrer, 2019/05/15
[Ruff16] Mathis Ruff (Hrsg.) Lenkzeiten - Ruhezeiten - Arbeitszeiten, 2016
[VDA08b] Verband der Automobilindustrie (VDA) Agenda Mobilität 2020, 2008
Glossar
Vor- und Nachlauf Unter Vor- und Nachlauf sind im Kombinierten Verkehr Transporte der Ladeeinheit vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Verkehrsmittel. Der Transport zwischen zwei Umschlagpunkten wird als Hauptlauf bezeichnet.
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.
Betriebskosten
Betriebskosten sind laufende Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Verkehrsleistungen entstehen. Hierzu zählen zum Beispiel Aufwendungen für Energie, Personal, oder Infrastrukturnutzung.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Triebfahrzeug
Ein Triebfahrzeug (Tfz) ist ein einzelnes Regeleisenbahnfahrzeug mit einem eigenen Fahrzeugantrieb (Lokomotiven, Triebwagen). Eine Sonderform bilden Triebköpfe, die in einem fest gekoppelten Triebzug zusammen mit antriebslosen Mittel- und Steuerwagen betrieben werden. Lokomotiven kommen normalerweise im Verbund mit gekoppelten Reisezug- oder Güterwagen zum Einsatz. Triebwagen sowie auch Triebzüge werden als gekoppelten Einheiten gleichen Typs in sogenannten Triebwagenzügen eingesetzt. Weitere Tfz sind Kleinlokomotive und selbstfahrende Nebenfahrzeuge.
Umschlagbahnhof Umschlagbahnhöfe (Ubf) dienen dem Übergang von Gütern auf oder von Schienenfahrzeugen bzw. dem Wechsel von diesen zu Transportmitteln anderer Verkehrsträger. Im letzteren Fall spricht man auch von Terminals des kombinierten Verkehrs (KV-Terminal). Diese stellen typischerweise Umschlagpunkte von Ladeeinheiten wie Container, Wechselbehälter, Wechselbrücken oder Sattelauflieger dar. Bei Ubf in Häfen und Flughäfen spricht man von "Seehafenterminals" oder "Flughafenterminals".

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?317709

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:58:54