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Barrierefreier Zugang zum ÖPNV

Erstellt am: 28.01.2003 | Stand des Wissens: 22.08.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Der barrierefreie Zugang zu öffentlichen Verkehrsangeboten ist eine wesentliche Voraussetzung zur Nutzung dieser Angebote von älteren und mobilitätseingeschränkten Personen. Die Abbildung 1 zeigt, welche Bedeutung eine Verbesserung der Erreichbarkeit von Bahnhöfen oder Haltestellen bezüglich einer Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Verkehrs für ältere Menschen einnimmt. Vergleichsweise ist dazu die Einschätzung von Verkehrsexperten dargestellt.
1.Abbildung 1: Bedeutung der Verbesserung der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Autofahrer Die Abbildung zeigt die Bedeutung der Verbesserung der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote zur Attraktivitätssteigerung öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Menschen zur im Vergleich zur Einschätzung von Verkehrsexperten und Expertinnen. Für 12,3 Prozent der älteren Autofahrenden wird eine Verbesserung der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote als extrem wichtig betrachtet. 34,4 Prozent der Befragten empfanden dies als sehr wichtig, 23,9 Prozent als wichtig und 20,2 Prozent als weniger wichtig. 9,2 Prozent der Autofahrenden war dies unwichtig für die Attraktivitätssteigerung.  Die Einschätzung der Verkehrsexperten zeigt deutliche Unterschiede. 17,1 Prozent der Verkehrsexperten und Expertinnen schätzen die Bedeutung der Verbesserung der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote zur Attraktivitätssteigerung als extrem wichtig ein. 28 Prozent schätzen dies als sehr wichtig, 39 Prozent als wichtig, 15,2 Prozent als weniger wichtig und 0 Prozent als unwichtig ein. Abbildung 1: Bedeutung der Verbesserung der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Autofahrer [BMFSFJ02
Danach erachten 70 Prozent der älteren Autofahrer Maßnahmen zur Verbesserung der Erreichbarkeit von Umsteigeplätzen zumindest als wichtig [BMFSFJ02].
Ein ähnliches Bild zeigt sich bezüglich einer Verkürzung von Fußwegen vom Pkw/Fahrrad zum Bahnhof/Haltestelle in der Abbildung 2. Annährend zwei Drittel der älteren Autofahrer empfinden Lösungen zur Reduktion von Fußwegen zumindest wichtig. Allerdings wird dieses Problemfeld von Experten signifikant höher gewichtet [BMFSFJ02].
2.Abbildung 2: Bedeutung einer Fußwegverkürzung zur Attraktivitätssteigerung öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Menschen Die Abbildung zeigt die Bedeutung einer Fußwegverkürzung öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Menschen zur Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Verkehrs im Vergleich zur Einschätzung von Verkehrsexperten und Expertinnen. Für 9,3 Prozent der älteren Autofahrenden wird eine Fußwegverkürzung als extrem wichtig betrachtet. 24,7 Prozent der Befragten empfanden dies als sehr wichtig, 30,9 Prozent als wichtig und 22,8 Prozent als weniger wichtig. 12,3 Prozent der Autofahrenden war dies unwichtig für die Attraktivitätssteigerung.  Die Einschätzung der Verkehrsexperten zeigt ebenfalls deutliche Unterschiede. 15,9 Prozent der Verkehrsexperten und Expertinnen schätzen die Bedeutung einer Fußwegverkürzung öffentlicher Verkehrsangebote zur Attraktivitätssteigerung als extrem wichtig ein. 35,4 Prozent schätzen dies als sehr wichtig, 36,6 Prozent als wichtig, 11 Prozent als weniger wichtig und nur 1,1 Prozent als unwichtig ein. Abb. 2:Abbildung 2: Bedeutung einer Fußwegverkürzung zur Attraktivitätssteigerung öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Menschen [BMFSFJ02]
Generell soll der ÖPNV zur Gewährleistung der Mobilität von Behinderten eine geschlossene barrierefreie Beförderungskette vom Ausgangs- beziehungsweise Zielort zur Haltestelle, wie etwa  von der Wohnung, über Haltestellen und Verkehrsmittel, inklusive eventuell notwendiger Umsteigevorgänge bis zum Ziel und zurück anstreben.

Dazu sind neben barrierefreien Zu- und Abgangswegen sowie barrierefreier Fahrzeuge und Haltestellen aus Sicht der Netzgestaltung folgende Aspekte wesentlich:
  • Kurze Zu- und Abgangswege zu Haltestellen, da insbesondere in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen sehr empfindlich gegenüber Fußwegen sind. Empfohlen werden maximale Einzugsbereiche für Bus- und Straßenbahnhaltestellen von 300 bis 350 Meter für Innenstadtbereiche, 350 bis 400 Meter für Vorortbereiche und 450 bis 500 Meter für Außengebiete [BMVBW97].
  • Minimierung des Umsteigens, da mobilitätsbehinderte Personen aufgrund der eingeschränkten Beweglichkeit noch mehr als in ihrer Mobilität nicht eingeschränkte Personen Direktfahrten bevorzugen.
  • Barrierefreies Umsteigen, also ist ein Umsteigen unvermeidlich, so sind die Umsteigewege inklusive der Höhendifferenzen zu minimieren, die Anlage übersichtlich zu gestalten, die Informationen leicht erfassbarer anzuordnen [vgl. HBVA11].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Barrierefreie Mobilität (Stand des Wissens: 07.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?289388
Literatur
[BMFSFJ02] Engeln, Arnd Verbesserung der Attraktivität öffentlicher Verkehrsangebote für ältere Autofahrerinnen und Autofahrer - Probleme und praktikable Lösungen, 2002
[BMVBW97] Machule, Dittmar,, Echterhoff, Wilfried,, Ackermann, K., Bürgerfreundliche und behindertengerechte Gestaltung von Haltestellen des ÖPNV, veröffentlicht in direkt, Ausgabe/Auflage Heft 51, 1997
[HBVA11] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. Hinweise für barrierefreie Verkehrsanlagen (H BVA), 2011/06
Weiterführende Literatur
[VDV12b] Beonke, Dirk, Girnau, Günter, Grossmann, Helmut Barrierefreier ÖPNV in Deutschland, Ausgabe/Auflage 2. Auflage, Alba Fachverlag GmbH + Co. KG, Düsseldorf, 2012/08, ISBN/ISSN 978-3-87094-694-4
[Nick03] Nickel, Bernhard EAÖ: Neue Planungsgrundlagen für ÖPNV auf Straßen, veröffentlicht in Bus & Bahn, Ausgabe/Auflage 5, 2003
[EAÖ13] Dittemer, T., Benzig, H.-P., Besier, S., Deutsch, V., Dietrich, O., Graf, K., Groneck, C., Heidenreich, S., Huber, F., Knöller, T., Neukirch, A., Nickel, B. E., Schweig, K.-H., Seyboth, A., Stephan, L., Zweibrücken, K. Empfehlungen für Anlagen des öffentlichen Personennahverkehrs - EAÖ, Ausgabe/Auflage FGSV-Nr. 289, FGSV Verlag, Köln, 2013, ISBN/ISSN 978-3-86446-054-8
[Prog03] Matthes, Ulrike , Leypold, Patrick , Schumacher, Irina , et al. Kundenorientierung im ÖPNV - Maßnahmen zur Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen, 2003/07/23
[Topp06a] Topp, Hartmut Mobil und barrierefrei in Stadt und Verkehr, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage 11/2006, 2006/11
Glossar
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?31013

Gedruckt am Dienstag, 19. März 2024 07:22:07