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Die Rollende Landstraße als Produktionskonzept des Kombinierten Verkehrs

Erstellt am: 05.04.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Die Rollende Landstraße (RoLa) ist eine Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs Straße - Schiene, bei der Lastzüge auf Eisenbahnwagen verladen werden [SGKV20a]. Es handelt sich also um Huckepackverkehr. Die Fahrer reisen in einem Sitz- beziehungsweise Liegewagen mit [ArIs08, S. 736].

Die Beladung des Zuges erfolgt über eine Rampe an der Stirnseite des ersten oder letzten Wagens. Die Lastwagen fahren mit eigenem Antrieb sukzessive über die durchgehenden Ladeflächen zur jeweils letzten freien Position im Zug. Bei einem aus 16 bis 18 Wagen bestehenden Zug dauert dieser Prozess etwa 20 Minuten [Pfoh10]. Zur Einhaltung des Lichtraumprofils der Eisenbahn und für die Überfahrbarkeit der Drehgestelle werden Niederflurwagen mit besonders kleinen Rädern eingesetzt [ArIs08, S. 740].

Die Vorteile der Rollenden Landstraße bestehen darin, dass sie von allen Lastzügen, kranbar oder nicht, die den höchstzulässigen Abmessungen nach [2002/7/EG] genügen, benutzt werden kann.
Der gleichzeitige Transport der Zugmaschine ermöglicht auch kleineren Unternehmen die Teilnahme am Kombinierten Verkehr. Des Weiteren können die Fahrzeiten im Zug dem Lkw-Fahrer als Ruhepausen angerechnet werden [EWG3820/85]. Ebenfalls sind keine Investitionen in der Umschlagtechnik erforderlich, abgesehen von einer für Lastzüge genügend flachen Kopframpe.

Als wesentliche Nachteile erweisen sich relativ hohe Anschaffungskosten für die Niederflurwagen von jeweils rund 145.000 Euro [BAV07b]. Es entsteht ein hoher Wartungsbedarf von etwa 15 Cent je Wagenkilometer [BAV07b], beispielsweise infolge des geringen Durchmessers der Räder (380 Millimeter statt üblicherweise 920 Millimeter), die aus diesem Grund besonders anfällig für Flachstellen und heiß gelaufene Bremsen sind. Das FIFO-Prinzip bei Be- und Entladung (zuerst verladenes Fahrzeug fährt zuletzt herunter), sowie das ungünstige Verhältnis von Nutz- zu Gesamtlast infolge des Transportes der Zugmaschinen, erschwert ebenfalls den Nutzen.
Abbildung 1 illustriert einen teilweise qualitativen Vergleich von Rollender Landstraße und unbegleitetem Kombinierten Verkehr, den der Schweizer Operateur Hupac veröffentlicht hat [Hupac10].
Systemvergleich Rola-UKV_.png
Abb. 1: Vergleich von Rollender Landstraße und unbegleitetem Kombinierten Verkehr (UKV) in Anlehnung an [Hupac10] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Aufgrund dieser Nachteile der Rollenden Landstraße ist die Anzahl der transportierten Fahrzeuge in Europa seit Ende der neunziger Jahre um mehr als ein Viertel gesunken [UIC09b, S. 38], während der Kombinierte Verkehr vor der Weltwirtschaftskrise Ende 2008 insgesamt ein starkes Wachstum verzeichnen konnte [UIC09b].
 
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Produktionskonzepte im Kombinierten Verkehr (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?321727
Literatur
[ArIs08] Arnold, D., Isermann, H., Kuhn, A., Furmans, K., Tempelmeier, H. Handbuch Logistik, Ausgabe/Auflage 3., neu bearbeitete Auflage, Springer-Verlag / Berlin Heidelberg, 2008, ISBN/ISSN 3540729283
[BAV07b] o.A. Betriebs- und Investitionskostenvergleich der RoLa, Stand 2007, Aktualisierung der Ecoplan-Studie "Betriebs-/Investitionskostenvergleich zweier RoLa-Systeme" aus dem Jahre 2003, Bern, 2007/03/09
[Hupac10] o. A. Internetpräsentation des Schweizer KV-Operateurs Hupac, 2010
[Pfoh10] Pfohl, H. C. Logistiksysteme: Betriebswirtschaftliche Grundlagen, Ausgabe/Auflage Auflage: 8, Springer, Berlin, 2010, ISBN/ISSN 3642041612
[SGKV20a] o.A. Umschlagsysteme, 2020
[UIC09b] o. A. Report on Intermodal Road / Rail Transport in Europe 2007, UIC / Paris, 2009/01
Rechtsvorschriften
[2002/7/EG] Richtlinie 2002/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
[EWG3820/85] Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Lichtraumprofil Lichtraumprofil bezeichnet eine definierte Umgrenzungslinie meist für die senkrechte Querebene eines Fahrweges. Damit werden der "lichte Raum", der auf dem Fahrweg von Gegenständen freizuhalten ist, und die äußeren Maße der vorgesehenen Fahrzeuge vorgeschrieben.
Rollende Landstraße
Die Rollende Landstraße (RoLa) ist ein Produkt im Bereich des Schienengüterverkehrs. Sie stellt eine spezifische Form des begleiteten Kombinierten Verkehrs dar. Dabei werden Lastkraftwagen bzw. Sattelzüge mit Hilfe der Roll-On/Roll-Off-Technik auf einen Güterzug aus durchgehenden Niederflurwagen verladen und über eine bestimmte Strecke transportiert. Die Fahrer begleiten ihre Fahrzeuge i. d. R. in einem mitgeführten Reisezugwagen. In Europa wird die RoLa z. B. für alpenquerende Verkehre angeboten. Sie kann eine betriebswirtschaftliche und/oder ökologische Alternative zum Straßengütertransport sein.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?309845

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 05:55:11