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Bedeutung von Informationssystemen im Kombinierten Verkehr

Erstellt am: 30.03.2010 | Stand des Wissens: 18.03.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Durch die Nutzung verschiedener Verkehrsträger ist der Kombinierte Verkehr im Vergleich zu monomodalen Transporten mit höherem Koordinationsaufwand verbunden. Die Vernetzung mehrerer unabhängiger Beteiligter - Terminalbetreiber, Operateure, Verkehrsunternehmen, Spediteure, Häfen und andere - an Vor-, Haupt- und Nachläufen erfordern einen kontinuierlichen Informationsfluss. Dadurch können Prozesse und Ressourcen besser geplant und die operative Transportsteuerung effizienter und schneller gestaltet werden. Ein wichtiges Beispiel sind die Abläufe in den Bündelungspunkten, bei denen mit Echtzeit-Informationen zu Ankunfts-, Be- und Entladezeiten oder zur genauen Position der einzelnen Ladeeinheiten Verbesserungen erzielt werden können [BMVBW04e].

Allgemein werden mit dem Einsatz von Informationssystemen folgende Ziele gemäß Jansen et al. [PlKK07] verfolgt:
  • eine bessere Auslastung von Kapazitäten
  • eine Verringerung der Kosten
  • mehr Flexibilität
  • höhere Qualität und Zuverlässigkeit verfolgt [PlKK07]
Die Koordination kann durch neutrale, leistungsfähige Informationssysteme mit Schnittstellen zu den Einzellösungen der Unternehmen unterstützt werden [Seid10, S. 69f.]. Miteinander in Wettbewerb stehende Marktteilnehmer zeigen jedoch oftmals wenig Interesse an standardisierten oder gar zentralisierten Lösungen [KeKä01; PlKK07]. So sind bei verschiedenen Bahngesellschaften und Dienstleistern jeweils separate, nicht kompatible IT-Systeme im Einsatz, die bei gemeinsamen Transportketten aufwendige Abstimmungsprozesse nach sich ziehen. Die Schwachstellenanalyse in einer Studie zum Telematikeinsatz für die Hinterlandanbindung der deutschen Nordseehäfen hat gezeigt, dass im für den Kombinierten Verkehr wichtigen Segment Containertransport vorhandene Informationen beim Wechsel der Verantwortung häufig gar nicht oder in ungeeigneter Form weitergegeben werden. Teilweise werden vorhandene (Informations-) Systeme nicht genutzt [PlKK07]. Dementsprechend misst der Europäische Beirat für Intermodale Forschung (European Intermodal Research Advisory Council - EIRAC) der Entwicklung einer auf einheitlichen Standards beruhenden informationstechnologischen Infrastruktur, die die Sicherheit der Daten sicherstellt, hohe Bedeutung bei [EIRAC05a].

Ein weiteres Hindernis stellt das Verhältnis zwischen den Investitionskosten und dem erwarteten Nutzen dar. Dabei sind größere Unternehmen eher zu Investitionen in der Lage. Zudem ist aufgrund der Komplexität ihrer Prozesse im Allgemeinen bei ihnen eine höhere Bereitschaft festzustellen. Mitunter wird durch Verlader oder behördliche Vorschriften der Einsatz von Informationssystemen gefördert [PlKK07].

Unter dem Akronym CESAR (Co-operative European System for Advanced Information Redistribution) entstand bis 2002 unter der Leitung der Internationalen Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene - Straße (UIRR) ein einheitliches Informations- und Kommunikationssystem. Diese von der Europäischen Union geförderte Plattform mit Schnittstellen zu den Datenbanken der teilnehmenden acht Operateure erlaubt Buchung und Verfolgung von Transporten im Kombinierten Verkehr mit Hauptlauf auf der Schiene. Hierbei werden relevante Transportkorridore auf der europäischen Nord-Süd-Achse erfasst [CESAR09; Seid10, S. 70].

Die Blockchain-Technologie wird immer relevanter für die Güterlogistik, besonders für den Dokumenteverkehr im kombinierten Verkehr. Sie kann Fälschungssicherheit, Fehlerfreiheit, Transparenz und Vertrauenswürdigkeit erzeugen und substituiert alle Arbeitsschritte der Validierung von Dokumenten durch Smart Contracts. Sie ist besonders nützlich, wenn viele verschiedene Akteure komplexe Abläufe von Beginn an nachvollziehen möchten [TiHe20]. Die Transparenz der Blockchain ist besonders nützlich bei der Überwachung von Kühlketten und wird dahingehend bereits seit 2018 von SAP und IBM im Lebensmittel- und Medikamentetransport getestet [LáDob18].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Kombinierter Verkehr (Stand des Wissens: 18.03.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?430490
Literatur
[BMVBW04e] BMVBW Referat A24 Telematik im Verkehr - Entwicklungen und Erfolge in Deutschland, 2004/08
[CESAR09] o. V. CESAR, the European Customer Interface, 2009/06/19
[EIRAC05a] European Intermodal Research Advisory Council (EIRAC) Strategic Intermodal Research Agenda 2020, 2005/12/09
[KeKä01] Keller, Hartmut, Prof. Dr./UCB, Kämpf, Klaus Wirkungspotentiale der Verkehrstelematik zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur- und Verkehrsmittelnutzung, Prognos AG, Basel, 2001/07
[LáDob18] László Dobos Logistik-IT: Blockchain aus der Cloud
, 2018/08/29
[PlKK07] Kessel + Partner Transport Consultants, PLANCO Consulting GmbH, Kühne-Institut für Logistik, Universität St. Gallen Telematikeinsatz für die Hinterlandanbindung der deutschen Nordseehäfen, Essen, 2007/01
[Seid10] Seidelmann, Christoph 40 Jahre Kombinierter Verkehr Straße-Schiene in Europa, 2010
[TiHe20] Timon Heinrici Blockchain ergänzt Blocktrain
, 2020/11/25
Glossar
UIRR Internationale Vereinigung der Gesellschaften für den Kombinierten Verkehr Schiene - Straße
Verlader Der Verlader ist derjenige Teilnehmer in der Transportkette, der die Ladung/Transportgut erstmals aufgibt. Unter einem Verlader versteht man ein Unternehmen, das Logistikdienstleistungen (Transport, Verladen etc.) bei einem Logistikdienstleister in Auftrag gibt.
Hauptlauf Unter dem Hauptlauf ist im Kombinierten Verkehr der gebündelte Transport von Ladeeinheiten zwischen zwei Umschlagpunkten zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Transportmittel. Transporte vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger werden als Vor- bzw. Nachlauf bezeichnet.
CO
= Kohlenstoffmonoxid. CO ist eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Sauerstoff und gehört damit neben Kohlenstoffdioxid zur Gruppe der Kohlenstoffoxide. Es ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gas. Kohlenstoffmonoxid beeinträchtigt die Sauerstoffaufnahme von Menschen und Tieren. Schon kleine Mengen dieses Atemgiftes haben Auswirkungen auf das Zentralnervensystem.
Es entsteht bei der unvollständigen Oxidation von kohlenstoffhaltigen Substanzen. Dies erfolgt zum Beispiel beim Verbrennen dieser Stoffe, wenn nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung steht oder die Verbrennung bei hohen Temperaturen stattfindet. Kohlenstoffmonoxid selbst ist brennbar und verbrennt mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid. Hauptquelle für die CO-Belastung der Luft ist der Kfz-Verkehr.
Validierung Als Validierung bezeichnet man die Prüfung, ob ein Lösungsansatz für ein bestimmtes reales Problem verwendungsfähig ist
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?306217

Gedruckt am Dienstag, 30. Mai 2023 03:30:17