Europäischer Rechtsrahmen als Basis der Lkw-Maut in Deutschland
Erstellt am: 25.03.2010 | Stand des Wissens: 10.12.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Der erste europäische Rechtsrahmen zur Gebührenerhebung für die Benutzung von Straßen durch Nutzfahrzeuge wurde durch die Richtlinie [89/1993/EWG] aufgespannt. Die Richtlinie ist auch unter dem Namen Eurovignette-Richtlinie bekannt und gibt bereits initiale Rahmenbedingungen für die Einführung und Ausgestaltung von Maut- und Benutzungsgebühren vor. Die Eurovignetten-Richtlinie wurde 1999 durch die EU-Direktive Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge [1999/62/EGa] ersetzt. Diese bildet seitdem die rechtliche Grundlage zur Bepreisung von Verkehrsinfrastrukturen in Europa und die Einführung der Lkw-Maut in Deutschland.
Die Direktive zielt darauf ab, vorhandene Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zu beseitigen und einheitliche Mechanismen für die Erhebung von Gebühren zu installieren. Zu diesem Zweck legt die Richtlinie Grundsätze fest, nach denen die zu erhebenden Gebühren zu bemessen sind beziehungsweise zu bemessen waren:
Die Direktive zielt darauf ab, vorhandene Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus verschiedenen Mitgliedsstaaten zu beseitigen und einheitliche Mechanismen für die Erhebung von Gebühren zu installieren. Zu diesem Zweck legt die Richtlinie Grundsätze fest, nach denen die zu erhebenden Gebühren zu bemessen sind beziehungsweise zu bemessen waren:
- Nur direkt mit der Bereitstellung und dem Betrieb von Infrastruktur verbundene Kosten dürfen den Nutzern angelastet werden (Kosten für den Bau, den Betrieb und den Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes).
- Die Tarife für die einzelnen Fahrzeugkategorien orientieren sich an den Gesamtkosten, die anhand von Fairness-Kriterien auf die verschiedenen Fahrzeugkategorien aufgeteilt werden.
- Die Tarife können entsprechend folgenden Kriterien differenziert werden: Tageszeit (Peak- versus Off-Peak-Tageszeiten) mit einer maximalen Spreizung von 100 Prozent, oder nach Schadstoffausstoß mit einer maximalen Spreizung von 50 Prozent.
Die kostenbasierte Bepreisungsstrategie muss auf eindeutigen und klar nachvollziehbaren Regeln fußen. Dies bedeutet, dass das Preisregime nicht diskriminierend ist, nicht zwischen einheimischen und ausländischen Nutzern unterscheidet und auf historische Daten wie zum Beispiel Ausgabenzeitreihen gründet. Vor allem in Hinblick auf Rechtsstreitigkeiten haben Gerechtigkeitsaspekte einen Vorrang vor ökonomischer Effizienz.
Die Richtlinie [1999/62/EGa] wurde seit ihrem Inkrafttreten mehrfach überarbeitet. Die wichtigsten Anpassungen erfolgten durch die Änderungsrichtlinien [2006/38/EG], [2011/76/EG] und [EU 2022/362].
Die Richtlinie [1999/62/EGa] wurde seit ihrem Inkrafttreten mehrfach überarbeitet. Die wichtigsten Anpassungen erfolgten durch die Änderungsrichtlinien [2006/38/EG], [2011/76/EG] und [EU 2022/362].
- In der Fassung von 2006 wurde erstmals eine stärkere Differenzierung der Mautgebühren nach Umweltkriterien ermöglicht. Außerdem wurde die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung, geschaffen die Mautpflicht auf Fahrzeuge ab einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen auszuweiten [2006/38/EG].
- Die Berücksichtigung entstehender externer Kosten wurde zwar adressiert, erfolgte rechtsgültig aber erst in der am 27. September 2011 in Kraft getretenen Richtlinie [2011/76/EG]. Mithilfe dieser Richtlinie können seitdem externe Kosten in die Mauterhebung einbezogen werden. Vor allem Luftverschmutzungs-, Lärm- oder Staukosten sollen verursachergerecht angerechnet werden [2011/76/EG].
- Im Rahmen der seit 2017 diskutierten Revision der Eurovignetten-Richtline wurde die Pflicht zur Erhebung einer Lkw-Maut für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festgelegt. Gemäß der jüngsten Revision der Eurovignetten-Richtlinie im Jahr 2022 [EU 2022/362] sind die Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, auf allen Fernstraßen im transeuropäischen Kernnetz (TEN-V) bis spätestens 2030) eine fahrleistungsbezogene Straßennutzungsgebühr zu erheben. Mit der teilweisen Abschaffung zeitbezogener Systeme, wie sie in manchen Ländern noch bestehen, soll die Gebührenerhebung zukünftig noch mehr dem Verursacherprinzip entsprechen. Außerdem verpflichtet die revidierte Richtline die Mitgliedsstaaten dazu, ab 2024 die externen Kosten der CO2-Emissionen des Nutzfahrzeugverkehrs in den Straßenbenutzungsgebühren einzupreisen. Des Weiteren muss die Bemautung ab spätestens 2027 auch Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse einschließen [EU 2022/362].
Neben der Eurovignetten-Richtline regelt die EU-Richtline [2004/52/EG] zudem die Interoperabilität verschiedener elektronischer Mautsysteme innerhalb der Europäischen Union. Zusätzlich legt die Durchführungsverordnung [2020/204/EG] die konkreten Merkmale des europäischen elektronischen Mautdienstes und seiner technischen Komponenten fest. Ziel der europäischen Vorgaben ist die Erschaffung eines einheitlichen Systems, welches es den Nutzern ermöglicht die On-Board-Units aus einem Mitgliedsstaat auch in anderen Ländern barrierefrei verwenden zu können.