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Regionalisierungsgesetz

Erstellt am: 23.03.2010 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König

Das Regionalisierungsgesetz des Bundes (RegG), welches zum 1. Januar 1996 in Kraft trat, bildet die Grundlage der Organisation des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in der Gegenwart. Dadurch wurde die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von der Bundesebene auf die Bundesländer übertragen. Es beauftragt die Bundesländer durch Landesrecht festzulegen, welche Stellen die in § 1 Abs. 1 formulierte Aufgabe der Daseinsvorsorge (Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personenverkehr) wahrnehmen [RegG].[Sme15]

Neben einer Begriffsbestimmung des ÖPNV (§ 2) enthält das RegG Aussagen zur Vergabe oder Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen (§ 4) in Verbindung mit Verordnung (EWG) 1191/69. Mit der letzten Änderung erfolgte die Anpassung des RegG an die am 3.12.2009 in Kraft getretene Nachfolge-Verordnung (EG) 1370/2007.

Seit der Bahnstrukturreform 1996 sind die Bundesländer die Aufgabenträger im SPNV. Ihnen stehen aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes finanzielle Mittel zu (§ 5), mit denen insbesondere der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zu finanzieren ist. Die Verwendung dieser Finanzmittel haben die Länder gegenüber dem Bund transparent darzustellen (§ 6). Neben den Regionalisierungsmitteln stehen für die Finanzierung des SPNV weitere Einnahmequellen parat. Diese ergeben sich unter anderem aus den Fahrgeldeinnahmen, dem Verlustausgleich der Kommunen, den Erstattungsleistungen für die Schwerbehindertenbeförderung oder den Ausgleichsleistungen im Ausbildungsverkehr.

Das RegG legt auch die Verteilung der Finanzmittel auf die Länder fest. Dazu gilt der in § 5 Abs. 3 aufgestellte Verteilungsschlüssel, der den prozentualen Anteil jedes Bundeslandes an den Regionalisierungsmitteln festlegt. Die Höhe der jährlichen finanziellen Förderungen stieg von 1996 von 4,448 Mrd. Euro auf 7,299 Mrd. Euro im Jahr 2014.
Aufgrund von Prognosen, in denen der SPNV in den kommenden Jahren bis 2025 weiterhin zunimmt, müssen sich auch die Regionalisierungsmittel anpassen. 2015 stand eine Aktualisierung der Regionalisierungsmittel an. Für das Jahr 2016 wurden diese Mittel auf acht Mrd. Euro erhört und werden in den Folgejahren mit einer Rate von jeweils 1,8 Prozent dynamisiert. Die Vereinbarungen gelten bis 2030, wohingegen die Verteilung auf die Bundesländer nach dem Kieler Schlüssel erfolgt. [Sme15]
Bei dem Schlüssel werden die Einwohnerzahlen des Bundeslandes sowie die Zugkilometer je zur Hälfte berücksichtigt. Demnach erhalten Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg die größte finanzielle Unterstützung aus den Regionalisierungsmitteln. Eine genaue Übersicht ist [VMK14] zu entnehmen.
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Organisation des ÖPNV (Stand des Wissens: 06.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?208400
Literatur
[Sme15] Smetanin, Anja Die Verantwortung der Bundesländer für den Schienenverkehr, 2015/05
[VMK14] Beschluss-Sammlung der Verkehrsministerkonferenz am 1./2. Oktober 2014 in Kiel, 2014/10/09
Rechtsvorschriften
[RegG] Regionalisierungsgesetz (RegG)
Glossar
Aufgabenträger
Aufgabenträger bestellen bei den Verkehrsunternehmen die im Rahmen der Daseinsvorsorge gewünschten Nahverkehrsleistungen. Dabei gibt es Unterschiede zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Im SPNV sind seit Bahnreform und ÖPNV-Regionalisierung im Jahr 1995/96 anstelle des Bundes die Länder für die Planung, Organisierung und Finanzierung verantwortlich. In einigen Ländern sind die Aufgabenträger für das gesamte Land zuständig, wie in Bayern, in anderen betreuen sie regional abgegrenzte Gebiete, wie in Nordrhein-Westfalen. Teilweise wird die Aufgabenträgerschaft den Verkehrsverbünden zugewiesen, wie in Hessen.
Die Aufgabenträgerfunktion für den straßengebundenen ÖPNV ist den Landkreisen oder kreisfreien Städten zugeordnet.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Schienenpersonennahverkehr
Gemäß Regionalisierungsgesetz (RegG) § 2 handelt es sich bei einer auf der Schiene erbrachten Beförderungsdienstleistung um ein Angebot des Nahverkehrs, "wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle [...] die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt" [RegG, § 2]. Zur Erfüllung der Daseinsvorsorge wird der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) von den Ländern bestellt und unterstützt. Der SPNV ist eine Sonderform des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der ÖPNV ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert, der SPNV zusätzlich noch im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG).
gemeinwirtschaftlich
Eine vielschichtig interpretierte Leitvorstellung für die Steuerung von dem Nutzen der Allgemeinheit verpflichteten Betrieben. Zur Operationalisierung gemeinwirtschaftlichen Verhaltens wurden zahlreiche einzelwirtschaftliche Handlungsmaximen aufgestellt: u.a. Gewinnverzichtsregel, kostenorientierte Preispolitik, Gewinnverwendung im Allgemeininteresse/ Gemeinwohl, Maximierung der zu erstellenden und abzugebenden Leistung bei Kostendeckung.
Auf den Verkehrssektor bezogen beudeutets dies, dass mittels spezifischer Auflagen (v.a. Betriebs-, Beförderungs- und Tarifpflicht) eine Umgestaltung der Zielfunktionen der im Verkehrssektor tätigen Unternehmen zwecks Berücksichtigung von struktur-, regional- und sozialpolitischer Ziele sowie der staatlichen Daseinsvorsorge bewirkt wird.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?298720

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 12:40:37