Klima- und Umweltmaßnahmen in der Binnenschifffahrt
Erstellt am: 23.03.2010 | Stand des Wissens: 26.04.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Von allen Verkehrsträgern weist das Binnenschiff die beste Ökobilanz auf, was die Faktoren Lärm und Energieverbrauch betrifft (siehe Abbildung 1). Im Durchschnitt verbraucht das Binnenschiff 67 Prozent weniger Energie als der Lkw und 35 Prozent weniger als die Bahn [BDB17]. In der Luft-Schadstoff-Bilanz ist der Transport mit dem Binnenschiff allerdings kaum besser als der mit dem Lkw. Insbesondere in Flussnähe kommt es häufig zu einer hohen Stickstoffdioxid-Belastung durch Binnenschiffe, für die hohen NO2-Emissionen in der Innenstadt bleibt jedoch der Lkw gemeinsam mit dem Diesel-Pkw zu 73 Prozent verantwortlich [Uba18l].
Wesentlich geringere Emissionen würden im Fall einer Modernisierung der Schiffsflotte anfallen. Jedoch besteht beim Binnenschiff Nachholbedarf in Sachen Modernisierung und Umweltschutz. Mittelfristig könnte sich die Umweltbilanz des Binnenschiffs gegenüber der des Lkw verschlechtern, denn Straßengüterverkehrsunternehmen investieren in deutlich größerem Umfang in modernere und emissionsärmere Motoren. Die Binnenschiffe und ihre Motoren sind zumeist über 40 Jahre alt und weisen eine entsprechend geringe Effizienz und schlechte Schadstoffbilanz auf. Die Erneuerung der Flotte geschieht, aufgrund mangelnder Investitionen, sehr schleppend. So wurden im Jahr 2018 gerade einmal zwölf neue Frachtschiffe und sechs Passagierschiffe in Dienst gestellt [Doll19].
Auf EU- Ebene regelt die Stufe V der Verordnung [(EU) 2016/1628] für mobile Maschinen und Geräte die Emissionsgrenzwerte und Typgenehmigung der Verbrennungsmotoren für Binnenschiffe. Die Ende des Jahres 2016 in Kraft getretene Verordnung war EU-weit ab dem 01. Januar 2017 anzuwenden und löste damit die Richtlinie [97/68/EG] ab. Die deutlich verschärften Grenzwerte gelten zunächst ab dem 1. Januar 2019 für Antriebsanlagen bis 300 KiloWatt (kW) und ab dem Jahr 2020 auch für größere Motoren mit mehr als 300 kW [(EU) 2016/1628]. Nach Einschätzungen von Binnenschifffahrtsverbänden sind die neuen Vorgaben mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren, ob nun mit Diesel oder Gas betrieben, nicht mehr zu erfüllen. Vielmehr sei in vielen Fällen eine Abgasnachbehandlung nötig [Hansa18].
Abb. 1: Vergleich der externen Kosten der Verkehrsmittel, eigene Darstellung nach [BDB18, UBA21c] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Auf EU- Ebene regelt die Stufe V der Verordnung [(EU) 2016/1628] für mobile Maschinen und Geräte die Emissionsgrenzwerte und Typgenehmigung der Verbrennungsmotoren für Binnenschiffe. Die Ende des Jahres 2016 in Kraft getretene Verordnung war EU-weit ab dem 01. Januar 2017 anzuwenden und löste damit die Richtlinie [97/68/EG] ab. Die deutlich verschärften Grenzwerte gelten zunächst ab dem 1. Januar 2019 für Antriebsanlagen bis 300 KiloWatt (kW) und ab dem Jahr 2020 auch für größere Motoren mit mehr als 300 kW [(EU) 2016/1628]. Nach Einschätzungen von Binnenschifffahrtsverbänden sind die neuen Vorgaben mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren, ob nun mit Diesel oder Gas betrieben, nicht mehr zu erfüllen. Vielmehr sei in vielen Fällen eine Abgasnachbehandlung nötig [Hansa18].
Auf nationaler Ebene ist vor allem die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) für die Umsetzung umweltpolitischer Belange der Wasserstraßen zuständig. Dafür sind bis 2030 insgesamt circa eine Milliarde Euro vorgesehen. Außerdem werden im Rahmen des Bundeprogramms Blaues Band Deutschland seit dem Jahr 2017 und voraussichtlich bis zum Jahr 2050 jährlich 50 Millionen Euro durch die Bundesregierung bereitgestellt, um an den Nebenwasserstraßen sowie im Kernnetz der Bundeswasserstraßen Renaturierungsprojekte (zum Beispiel die Wiederanbindung von Altarmen, das Abflachen von Ufern oder die Wiederherstellung auentypischer Lebensräume) zu verwirklichen [Bund18a].
Für die Effizienzsteigerung in der Binnenschifffahrt sind insbesondere die Schiffsform und der Antrieb von Bedeutung.
Für die Effizienzsteigerung in der Binnenschifffahrt sind insbesondere die Schiffsform und der Antrieb von Bedeutung.
Antrieb
Da Binnenschiffe über einen langen Zeitraum genutzt werden, sind nicht nur Neubauten, sondern auch neue Motorisierungen lohnenswerte Investitionen [Zapp11]. Im Jahr 2007 beschloss das Bundesverkehrsministerium die zunächst auf fünf Jahre angesetzte Förderung des Einbaus von emissionsärmeren Dieselmotoren, Partikelfiltern und Katalysatoren sowie die Nachrüstung mit Abgasbehandlungssystemen für Binnenschiffe im Rahmen eines Motorenförderprogramms. Im Januar 2013 wurde die Fortsetzung des Programms beschlossen. Seit Juli 2015 gilt zudem die Richtlinie über Zuwendungen für Binnenschifffahrtsunternehmen zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen, die die Zuwendungen der Motorenförderung insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen erhöht [BMVI16a]. Es werden seither auch diesel- und gaselektrische Antriebe sowie die Kraftstoff-Wasser- Emulsion bezuschusst [Binne12, Binne13a].
Besonders großes Interesse hat die Branche am Thema Liquefied Natural Gas (LNG), sogenanntes Flüssigerdgas, als Brennstoff für Schiffsmotoren. Dies verspricht eine deutliche Reduzierung der Schadstoffemissionen bei verringerten Brennstoffkosten. In Deutschland wird zu diesem Thema derzeit noch geforscht und diskutiert, wobei die positiven Umweltwirkungen und insbesondere die bessere CO2-Bilanz der LNG-Motoren teilweise auch angezweifelt werden [NDR18a]. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise den Niederlanden wird der Bestand an Binnenschiffen mit LNG- Antrieb bereits ausgebaut [Binne13b].
Eine weitere Alternative zur Schadstoffreduzierung in der Binnenschifffahrt ist der Einsatz eines synthetischen Dieselkraftstoffes auf Erdgasbasis, welcher im September 2016 in Hamburg von Unternehmen des Hamburger Hafenschifffahrtsverbandes in einem Probebetrieb für mehrere Monate getestet wurde. Ein besonderer Vorteil ist, dass der neue Dieselkraftstoff für jede Motorengeneration ohne Umbaumaßnahmen geeignet ist. Die ersten Ergebnisse ergaben einen um bis zu 70 Prozent reduzierten Rußpartikelausstoß, einen um bis zu 20 Prozent reduzierten Stickoxidausstoß sowie einen um bis zu 9 Prozent reduzierten Ausstoß an Kohlenstoffdioxid [HSFVHH16]. Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Umweltbilanz ist der Einsatz eines SCRT-Systems (Selective Catalytic Reduction Technology) zur Reduzierung von Rußpartikeln [Binne12].
Da Binnenschiffe über einen langen Zeitraum genutzt werden, sind nicht nur Neubauten, sondern auch neue Motorisierungen lohnenswerte Investitionen [Zapp11]. Im Jahr 2007 beschloss das Bundesverkehrsministerium die zunächst auf fünf Jahre angesetzte Förderung des Einbaus von emissionsärmeren Dieselmotoren, Partikelfiltern und Katalysatoren sowie die Nachrüstung mit Abgasbehandlungssystemen für Binnenschiffe im Rahmen eines Motorenförderprogramms. Im Januar 2013 wurde die Fortsetzung des Programms beschlossen. Seit Juli 2015 gilt zudem die Richtlinie über Zuwendungen für Binnenschifffahrtsunternehmen zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen, die die Zuwendungen der Motorenförderung insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen erhöht [BMVI16a]. Es werden seither auch diesel- und gaselektrische Antriebe sowie die Kraftstoff-Wasser- Emulsion bezuschusst [Binne12, Binne13a].
Besonders großes Interesse hat die Branche am Thema Liquefied Natural Gas (LNG), sogenanntes Flüssigerdgas, als Brennstoff für Schiffsmotoren. Dies verspricht eine deutliche Reduzierung der Schadstoffemissionen bei verringerten Brennstoffkosten. In Deutschland wird zu diesem Thema derzeit noch geforscht und diskutiert, wobei die positiven Umweltwirkungen und insbesondere die bessere CO2-Bilanz der LNG-Motoren teilweise auch angezweifelt werden [NDR18a]. In anderen europäischen Ländern wie beispielsweise den Niederlanden wird der Bestand an Binnenschiffen mit LNG- Antrieb bereits ausgebaut [Binne13b].
Eine weitere Alternative zur Schadstoffreduzierung in der Binnenschifffahrt ist der Einsatz eines synthetischen Dieselkraftstoffes auf Erdgasbasis, welcher im September 2016 in Hamburg von Unternehmen des Hamburger Hafenschifffahrtsverbandes in einem Probebetrieb für mehrere Monate getestet wurde. Ein besonderer Vorteil ist, dass der neue Dieselkraftstoff für jede Motorengeneration ohne Umbaumaßnahmen geeignet ist. Die ersten Ergebnisse ergaben einen um bis zu 70 Prozent reduzierten Rußpartikelausstoß, einen um bis zu 20 Prozent reduzierten Stickoxidausstoß sowie einen um bis zu 9 Prozent reduzierten Ausstoß an Kohlenstoffdioxid [HSFVHH16]. Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Umweltbilanz ist der Einsatz eines SCRT-Systems (Selective Catalytic Reduction Technology) zur Reduzierung von Rußpartikeln [Binne12].
Schiffsform
Die Schiffsform nimmt großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und den Kraftstoffverbrauch eines Binnenschiffs. So können Rumpf- und Linienoptimierungen zur Reduzierung des Leistungsbedarfs, Erhöhung der Zuladung und infolgedessen zu geringerem Treibstoffverbrauch je Tonnenkilometer und einem Energie-Einsparpotenzial von 10 Prozent führen [DNVGL15a]. Als Maßnahmen zur Optimierung des Schiffsrumpfdesigns zählen zum Beispiel Luftschmierung und Streamline aber auch der Einsatz von Leichtbau [Binne12].
Darüber hinaus ist die Wechselwirkung zwischen Rumpf und Propeller von Bedeutung, insbesondere bei eingeschränkten Tiefgängen, da infolge der niedrigen Wasserlage häufig Strömungsablösungen und eine suboptimale Anströmung des Propellers auftreten. Die komplexen Strömungsvorgänge im Hinterschiffsbereich von Binnenschiffen bei verschiedenen Wassertiefen wurden innerhalb eines vom Bundesverkehrsministeriums geförderten Forschungsvorhabens untersucht. Der im Jahr 2015 erschienene Schlussbericht vergleicht verschiedene Hinterschiffsformen und unterschiedliche Antriebskonfigurationen miteinander und zeigt so Möglichkeiten auf, die Energieeffizienz bei Neu- und Umbauten zu verbessern. Darüber hinaus unterstreicht die Untersuchung die große Bedeutung der Form auf die Leistungsfähigkeit eines Binnenschiffs bei Flachwasserbedingungen [DST15].
Die Schiffsform nimmt großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und den Kraftstoffverbrauch eines Binnenschiffs. So können Rumpf- und Linienoptimierungen zur Reduzierung des Leistungsbedarfs, Erhöhung der Zuladung und infolgedessen zu geringerem Treibstoffverbrauch je Tonnenkilometer und einem Energie-Einsparpotenzial von 10 Prozent führen [DNVGL15a]. Als Maßnahmen zur Optimierung des Schiffsrumpfdesigns zählen zum Beispiel Luftschmierung und Streamline aber auch der Einsatz von Leichtbau [Binne12].
Darüber hinaus ist die Wechselwirkung zwischen Rumpf und Propeller von Bedeutung, insbesondere bei eingeschränkten Tiefgängen, da infolge der niedrigen Wasserlage häufig Strömungsablösungen und eine suboptimale Anströmung des Propellers auftreten. Die komplexen Strömungsvorgänge im Hinterschiffsbereich von Binnenschiffen bei verschiedenen Wassertiefen wurden innerhalb eines vom Bundesverkehrsministeriums geförderten Forschungsvorhabens untersucht. Der im Jahr 2015 erschienene Schlussbericht vergleicht verschiedene Hinterschiffsformen und unterschiedliche Antriebskonfigurationen miteinander und zeigt so Möglichkeiten auf, die Energieeffizienz bei Neu- und Umbauten zu verbessern. Darüber hinaus unterstreicht die Untersuchung die große Bedeutung der Form auf die Leistungsfähigkeit eines Binnenschiffs bei Flachwasserbedingungen [DST15].
Im Rahmen des Masterplans Binnenschifffahrt hat das Bundesverkehrsministerium Maßnahmen für eine umweltfreundlichere und wettbewerbsfähige Flotte erarbeitet. In diesem Zusammenhang wurden mehrere wissenschaftliche Untersuchungen in Auftrag gegeben. Diese erforschen unter anderem die mögliche Einführung eines Energy Efficiency Design Indexes (EEDI) und eines korrelierenden Energy Efficiency Operability Indexes (EEOI) in der Binnenschifffahrt. Darüber hinaus wird die Bereitstellung von Schiffen für Pilotprojekte sowie der Bau oder die Bereitstellung eines Forschungsschiffes als Plattform, um Innovationen in der Binnenschifffahrt zu testen, momentan geprüft [BMVI19f].