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Gefährliche Ereignisse im Schienenverkehr

Erstellt am: 22.03.2010 | Stand des Wissens: 05.03.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch

Gefährliche Ereignisse im Eisenbahnbetrieb

Maßgabe für die Betriebssicherheit im Schienenverkehr ist es sicherzustellen, dass alle für den Betrieb der Eisenbahnen eingesetzten Anlagen, Systeme, Methoden und Verfahren so konzipiert sind, dass aus deren Betrieb oder Existenz keine Gefährdung für Mensch, Güter und Umwelt entstehen können [EBA13]. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der schienenverkehrsspezifischen Systemeigenschaften, wie dem geringen Reibbeiwert zwischen Rad und Schiene, der Spurführung, der zentralen Disposition sowie der leit- und sicherungstechnischen Außensteuerung, lassen sich betriebliche Vorfälle identifizieren, welche ein erhebliches Gefährdungspotential (Störungen) im oben genannten Sinne bergen beziehungsweise im Falle ihres Eintritts einen entsprechenden Schaden (Unfälle) nach sich ziehen.

In Anlehnung an EU-gesetzlich [2016/798/EU ] vorgenommene Spezifikationen, kategorisiert die Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) diese als "Gefährliche Ereignisse im Eisenbahnbetrieb" bezeichneten, sicherheitsbeeinträchtigenden Vorfälle gemäß folgendem Schema [BEU22]:

Unfälle
  • Kollision
  • Entgleisung
  • Personenunfall
  • Bahnübergangsunfall
  • Fahrzeugbrand
  • Sonstiger Unfall im Eisenbahnbetrieb
Störungen
  • Vorbeifahrt eines Zuges am Haltebegriff
  • Unzulässige Einfahrt in einen besetzten Gleisabschnitt
  • Störung am Bahnübergang
  • Störung am Fahrzeug
  • Störung an der Infrastruktur
  • Störung durch betriebliche Fehlhandlung
Angesichts ihrer zentralen Bedeutung für das Sicherheitsniveau spurgebundener Verkehrssysteme sind die Bemühungen sämtlicher verantwortlicher Akteure auf eine Vermeidung beschriebener Vorfälle gerichtet. Darüber hinaus konzentrieren sich weitergehende Maßnahmen auf die effektive Reduktion eines durch Unfälle hervorgerufenen Schadens (passive Sicherheit). Neben technischen Vorkehrungen, welche beispielsweise integrale Bestandteile der Leit- und Sicherungssysteme darstellen, finden vor diesem Hintergrund insbesondere auch organisatorische Verfahren wie detaillierte Notfallmanagementpläne Anwendung.

Untersuchungs- und Meldepflicht gefährlicher Ereignisse

Sämtliche gefährlichen Ereignisse im Eisenbahnbetrieb sind gemäß gesetzlicher Regelung seitens des betroffenen Eisenbahninfrastrukturunternehmens an die zuständige Untersuchungsbehörde zu melden [BEU22; EBA18b]. Sie hat - in Folge schwerer Unfälle - Untersuchungen mit dem Ziel der Sachverhaltsermittlung und Ursachenforschung durchzuführen. Die daraus resultierenden Erkenntnisse kann sie dann zur Optimierung bestehender Sicherheitsvorkehrungen nutzen [EBA01a]. Im Falle übriger gefährlicher Ereignisse ist sie zu entsprechenden Untersuchungen berechtigt, wobei seitens der beteiligten Eisenbahninfrastruktur- und -verkehrsunternehmen (EIU und EVU) eine Verpflichtung zur Bereitstellung sämtlicher hierfür erforderlicher Informationen besteht. So wurden der EUB beispielsweise im Jahr 2022 insgesamt 2.615 gefährliche Ereignisse gemeldet. Es handelte sich dabei um 1.638 Unfälle und 977 Störungen [BEU22]. Bereits im Jahr 2012 wurde, mit 2.405 gefährlichen Ereignissen, ein ähnlicher Wert gemeldet [EUB13, S. 10].
Ansprechpartner
IKEM - Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Betriebssicherheit im Schienenverkehr (Stand des Wissens: 04.04.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?60738
Literatur
[BEU22] Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (Hrsg.) Jahresbericht 2022, 2022
[EBA18b] Eisenbahnbundesamt (Hrsg.) Mitteilung von Informationen über gefährliche Ereignisse an das Eisenbahn-Bundesamt, 2018/04/17
[ERA06a] o. A. ERADIS - European Railway Agency Database of Interoperability and Safety, 2006
[EUB08] Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (Hrsg.) Eisenbahn-Unfalluntersuchung
Jahresbericht 2007, - / Bonn, 2007
[EUB12] Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (Hrsg.) Eisenbahn-Unfalluntersuchung
Jahresbericht 2011, - / Bonn, 2012
[EUB13] Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (Hrsg.) Eisenbahn-Unfalluntersuchung
Jahresbericht 2012, - / Bonn, 2013
Rechtsvorschriften
[2004/49/EG] Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit
[2008/110/EG] Richtlinie 2008/110/EG zur Änderung der Richtlinie 2004/49/EG über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft
[2016/798/EU ] Richtlinie 2016/798
[EBA01a] Verwaltungsrichtlinie - Untersuchung von gefährlichen Ereignissen im Eisenbahnbetrieb
[EBA06] Verwaltungsvorschrift über die Eisenbahnaufsicht von baulichen und maschinentechnischen Anlagen und Durchführung der technischen Arbeitsschutzaufsicht (TAU)
[EBA13] Verwaltungsvorschrift für die Bauaufsicht im Ingenieurbau, Oberbau und Hochbau (VV BAU)
[EUB09] Allgemeinverfügung der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB)
[EUV] Verordnung über die Untersuchung gefährlicher Ereignisse im Eisenbahnbetrieb
Glossar
Eisenbahninfrastrukturunternehmen Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) ist ein Rechtsbegriff des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG). Gemäß § 2 Abs. 1 AEG sind Eisenbahninfrastrukturunternehmen öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen die eine Eisenbahninfrastruktur betreiben.
EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen
Eisenbahnverkehrsunternehmen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sind öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. "Eisenbahnverkehrsunternehmen" stellt einen europarechtlichen Begriff dar, welcher durch nationales Recht in Form von § 2 (1) des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) konkretisiert wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?297543

Gedruckt am Dienstag, 23. April 2024 12:26:35