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Hinterlandanbindungen der Seehäfen

Erstellt am: 11.03.2010 | Stand des Wissens: 12.06.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Die zunehmende Containerisierung der zu verladenen Güter in den Seehäfen begünstigt den Kombinierten Verkehr in der Verteilung der Warenströme im Hinterland. Das Binnenschiff steht hier in direktem Wettbewerb zum Straßen- und Schienengüterverkehr, wobei Binnenhäfen in einem integrierten Verkehrssystem als Schnittstelle für eine trimodale Verknüpfung der Verkehrsträger Binnenschifffahrt, Eisenbahn und Lkw eine tragende Rolle spielen können [BMVI16d]. Für den Hinterlandverkehr ergeben sich die in Abbildung 1 dargestellten Alternativen für eine Transportkette.

Transportalternativen für Seehafenhinterlandverkehre
Abbildung 1: Transportalternativen für Seehafenhinterlandverkehre [ClSc06, S. 383]  (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Durch die Bündelung großer Transportvolumina in den Seehäfen sowie die Verbindung mit zahlreichen KV-Terminals (Güterumschlagplätze) können sowohl Verkehre mit dem Binnenschiff als auch im Schienengüterverkehr wirtschaftlich realisiert werden. Auf Bundesebene wird dies durch die Förderung organisatorischer und technischer Maßnahmen innerhalb der verschiedenen Transportmittel unterstützt. Es sind darüber hinaus aber vor allem Infrastrukturmaßnahmen, mit denen der Bund die Hinterlandanbindung deutscher Seehäfen und damit auch die Marktchancen des Binnenschiffs verbessern will [BMVI16d, S. 42, 50]. Der Modal Split im Hinterlandverkehr hängt im Wesentlichen von der Struktur und dem Aufkommen der in den Häfen umgeschlagenen Güter ab. Die Ermittlung des Modal Splits an sich differiert allerdings über die in die Berechnung einbezogenen Verkehre (beispielsweise Feederverkehre, Loco-Verkehre) und kann so bei unterschiedlichen Studien zu verschiedenen Aussagen führen. Im Zuge der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans 2030 und den dazugehörenden Ausbaugesetzen für die drei Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße, hat die Bundesregierung unter anderem die Absicht erklärt, Hafenhinterlandanbindungen besser als zuvor zu berücksichtigen. Grund dafür seien die Optimierung der see- und landseitigen Verkehre zu und von den Häfen, sowie eine Reduzierung der Anfälligkeit für Engpässe. Langfristig gesehen könnte das eine Verbesserung des maritimen Wirtschaftsstandortes Deutschland darstellen [DtBT18].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Terminals des Kombinierten Verkehrs (Stand des Wissens: 12.06.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?321723
Literatur
[BMVI16d] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Bundesverkehrswegeplan 2030, Ausgabe/Auflage März 2016, Berlin, 2016/03
[ClSc06] Clausen,Uwe, Schwarz Florian Modellierung und Analyse trimodaler Transportketten für Seehafenhinterlandverkehre, Ausgabe/Auflage 1. Auflage, Praxiswissen Service , 2006/11/23, ISBN/ISSN 978-3-89957-043-4
[DtBT18] o.A. Bericht der Bundesregierung zu Hinterlandanbindungen der Seehäfen im Zuge des Bundesverkehrswegeplans 2030 , Ausgabe/Auflage Drucksache 19 /1383, 2018/03/23
Glossar
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Hinterland Das Hinterland eines Seehafen ist das landeinwärts hinter dem Hafen liegende Territorium, welches durch die Herkunfts- und Bestimmungsorte der im Hafen abzufertigen Güter und Passagiere begrenzt wird. Seine Grenzen hängen von den Hinterlandverkehrsanbindungen ab und variieren nach Gutarten, den Umschlagkapazitäten, dem Schiffstyp und der Verkehrsinfrastruktur. Das Vorland eines Seehafens ist das seewärts vor dem Hafen liegende Territorium, welches durch die überseeischen Herkunfts- und Bestimmungsorte der Güter begrenzt wird.
Loco-Verkehr Unter Loco-Verkehr versteht man den Anteil der ein- und ausgehenden wasserseitigen Verkehre eines Hafens, der in der Hafenregion verbleibt oder aus ihr stammt. Loco-Verkehr setzt verarbeitende Industrie in der Hafenregion voraus. (Aberle, G.: Transportwirtschaft. 3. Aufl. München, Wien: Oldenbourg. 2000, S.35)
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Feederverkehr Unter „Feederverkehr” versteht man den Zubringer- bzw. Verteilverkehr, z.B. den straßenseitigen Vor- und Nachlauf im Kombinierten Verkehr Straße-Schiene. Ausgeprägte Feederverkehre finden sich in der Seeschifffahrt, in der die Hub-Häfen der interkontinentalen Verkehre über Feederlinien mit kleineren Schiffen ein größeres Einzugsgebiet erschließen
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.
Seehafenhinterlandverkehr Als Seehafenhinterlandverkehr werden im Allgemeinen der Zu- und Ablaufverkehr der Seehäfen mit den Verkehrsträgern Straße, Schiene und Binnen- bzw. Küstenschiff zu den Wirtschaftszentren im Binnenland bezeichnet.
Kombinierter Verkehr
Intermodaler Verkehr, bei dem der überwiegende Teil der in Europa zurückgelegten Strecke mit der Eisenbahn, dem Binnen- oder Seeschiff bewältigt und der Vor- und Nachlauf auf der Straße so kurz wie möglich gehalten wird.
Umschlagbahnhof Umschlagbahnhöfe (Ubf) dienen dem Übergang von Gütern auf oder von Schienenfahrzeugen bzw. dem Wechsel von diesen zu Transportmitteln anderer Verkehrsträger. Im letzteren Fall spricht man auch von Terminals des kombinierten Verkehrs (KV-Terminal). Diese stellen typischerweise Umschlagpunkte von Ladeeinheiten wie Container, Wechselbehälter, Wechselbrücken oder Sattelauflieger dar. Bei Ubf in Häfen und Flughäfen spricht man von "Seehafenterminals" oder "Flughafenterminals".
Transportkette
Nach DIN 30781 eine Folge von technisch und organisatorisch miteinander verknüpften Vorgängen, bei denen Personen oder Güter von einer Quelle zu einem Ziel bewegt werden, im weiteren Sinne alle Transferprozesse zwischen Quelle und Senke.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?291584

Gedruckt am Donnerstag, 18. April 2024 09:34:52