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KEP-Logistik

Erstellt am: 04.03.2010 | Stand des Wissens: 14.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Anbieter von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) transportieren hauptsächlich Sendungen mit relativ geringem Gewicht (von circa 2 kg bis circa 31,5 kg) und Volumen, wie zum Beispiel Dokumente, Päckchen und Kleinstückgüter [KlKr12a, S. 263]. Des Weiteren zeichnen sich die KEP-Unternehmen durch einen individuellen Kundenservice bezüglich Schnelligkeit, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit aus. Die KEP-Unternehmen erbringen die logistischen Funktionen des Sammelns, Umschlagens, Sortierens, Transportierens und Verteilens [Bedn12, S. 20f.].

Der Transport erfolgt schnellstmöglich und mit einer hohen Zuverlässigkeit als Stückgutverkehr vom Versender zum Empfänger als Stückgutverkehr. Dies wird durch eine Kombination verschiedener Verkehrsträger und der EDV-gestützten Sendungsverfolgung erreicht. Der Kurierdienst zeichnet sich durch eine individuelle, den jeweiligen Bedürfnissen der Kunden angepasste Logistik aus, zum Beispiel die Zustellgarantie zu einem vorbestimmten Zeitpunkt [ArIs08]. Der KEP-Markt ist wegen der nötigen Infrastruktur (Depots, Air Hubs) und Technik (Sortieranlagen, Sendungsverfolgung) kapitalintensiv [KlKr12a, S. 264].
Durch branchenübliche Beschränkungen bezüglich der Vielfalt und Maße der akzeptierten Güter ist es möglich, eine hohe Standardisierung beziehungsweise Unifizierung der Güter und Prozesse in den KEP-Märkten zu erreichen. Der Umschlag beziehungsweise die Sortierung der Transportobjekte ist damit im hohen Maße automatisiert. Die größten KEP-Anbieter decken mit eigenen Flugzeug- und Lkw-Flotten sowie eigenen Hubs alle Stufen der Wertschöpfung weitestgehend selbst ab. Zeitsensible Güter werden, für weitere Distanzen, überwiegend als Luftfracht transportiert. Dadurch verbleiben weniger zeitsensible Sendungen meist im Straßenverkehr [KlKr12a, S. 265].
KEP_Haupt-und Nachlauf_290020.pngAbbildung 1: Teilabbildung eines Transportnetzwerks mit Direktverkehrsverbindungen [in Anlehnung an ArIs08, S. 783] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Das Transportnetzwerk eines KEP-Unternehmens besteht aus Knoten, die Quellen (Startpunkte) und Senken (Endpunkte) von Sendungstransporten sind, sowie den Verbindungen zwischen diesen Knoten, sogenannte Transportrelationen. Knoten, die Start- und Endpunkte von Sammel- und Verteiltouren sind, werden als Depots bezeichnet. In einem Depot werden die Sendungen zudem auf die Versandziele sortiert, gegebenenfalls werden mehrere sendungsschwache Transportrelationen zu einer gemeinsamen Transportrelation zum nächstgelegenen Hub gebündelt (Konsolidierung) [ArIs08, S. 16f.].

Im Zuge des sogenannten Vorlaufs werden Sendungen vom Versender zum Depot transportiert. Dies geschieht auf mehreren Sammelrouten im entsprechenden Einzugsgebiet ausgehend vom Depot. Anschließen gelangen alle Sendungen in das Depot, somit fällt dem Depot eine Sammelfunktion im Vorlauf zu. Je nach Gestaltung des Transportnetzes werden im Depot die Sendungen für den Hauptlauf sortiert und umgeschlagen [ArIs08, S. 783].
Der Hauptlauf zeichnet sich durch die Erbringung der Transportleistung zur Sendungsbeförderung zu einem Depot in der Region des Empfängers aus. Dabei kann das Transportmittel zur Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkws). Abhängig von den Netztopologien kann der Transport entweder von Depot zu Depot oder von Depot über Hub zu Depot geschehen [ArIs08, S. 783].
Im Nachlauf werden die Sendungen an die Empfänger auf mehreren Touren zugestellt [Bedn12, S. 34]. Wie schon angedeutet, lassen sich Transportnetze in zwei grundlegende Netztopologien unterteilen: Das Direktverkehrsnetz und das Nabe-Speiche-Netz (Hub-Spoke-Netz). Das Direktverkehrsnetz ist ein Transportnetz, bei dem jedes Depot direkt mit jedem anderen Depot im Netzwerk über eine Transportrelation (Direktverkehr) ohne einen Wechsel des Verkehrsmittels verbunden ist (siehe Abbildung 2, Teil A) [Bedn12, S. 32]. In diesem Netzwerk werden die Sendungen nicht durch einen Umschlag unterbrochen. Deshalb ist es notwendig, dass in jedem Depot die Sendungen auf alle Depots sortiert beziehungsweise von allen Depots zusammengeführt werden [ArIs08, S. 783].

Das Nabe-Speiche-Netz ist ein spezielles Transportnetz, bestehend aus einem oder mehreren zentralen Umschlagpunkten (Nabe) und sternförmig auf diese Punkte zulaufenden Transportrelationen (Speiche). An den Endpunkten jeder Speiche befinden sich die regionalen Depots. Die Besonderheit dieser Netzwerkstruktur ist es, dass zwischen den Depots keine direkte Transportrelation existiert, sondern alle Sendungen vom versendenden zum empfangenden Depot über einen zentralen Hub geleitet werden [Bedn12, S. 32]. Bei diesem Verkehr kann der Wechsel des Transportmittels und sogar des Verkehrsträgers stattfinden, zum Beispiel der Vor- und Nachlauf per Lkw und der Hauptlauf mit der Bahn oder dem Flugzeug erfolgen [Bedn12, S. 44].

NetztopologienAbbildung 2: Grundlegenden Netztopologien [in Anlehnung an ArIs08, S.784f.] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Aus beiden grundlegenden Netztopologien traten zahlreiche Modifikationen von unterschiedlichen Transportnetzen hervor. Zum Beispiel ergab sich als eine neue Entwicklung die Integration von zusätzlichen überregionalen Hubs zwischen den regionalen Depots und dem zentralen Hub. Des Weiteren gibt es die Tendenz, dass sich immer mehr Mischstrukturen, basierend auf den beiden grundlegenden Netztopologien etablieren. Durch diese Mischstrukturen können Sendungen über unterschiedliche Transportwege zum Empfänger gebracht werden. Dabei ist es wichtig, für jede Sendung einen Weg vom versendenden zum empfangenden Depot zu finden, sodass die Gesamtkosten des Transports unter Berücksichtigung der Zeitrestriktionen minimal sind [ArIs08, S. 784f.]. Des Weiteren ermöglichen Mikro-Depots Logistikdienstleistern Zustellungen von Gütern auf der letzten Meile (Bulw17, S. 18ff.). Insbesondere auf der allerletzten Meile gibt es Einsparpotenziale durch die Konsolidierung von KEP-Dienstleistern (BMVi21c, S.23). Bei einem effizienten Umschlag am Mikro-Depot und bei Gebieten mit schwieriger Parksituation bietet der Einsatz von Lastenrädern den Dienstleistern ein hohes Potenzial (BMVi21c, S.20). Diese lohnen sich jedoch erst ab einer bestimmten Distanz zum Depot sowie Paketdichte (BMVi21c, S.21).
Bogdanski et al. untersuchten im Jahr 2022 die Möglichkeiten der Nutzung des ÖPNV zur Nutzung von KEP Dienstleistungen auf der ersten und der letzten Meile. Laut der Untersuchung könnten standardisierte Wechselbehälter in den Fahrzeugen integriert werden und spezielle Lösungen an geografisch günstigen Orten schaffen. Allerdings sei dafür noch weitreichende Untersuchungen und viel Kommunikation zwischen den Dienstleistern notwendig [BoCa22].
KEP_FIS.pngAbb. 3: Entwicklung der Beschäftigten und des Umsatzes in der KEP-Branche [in Anlehnung an Statista22; Statista22a] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Die Abbildung 3 zeigt, dass die KEP-Dienstleistungsbranche als bedeutender Arbeitgeber und Treiber des BIPs in Deutschland stetig wächst. Zum Vergleich: In der Automobilbranche arbeiteten im Jahr 2021 etwa 786.000 Menschen [BMWK22b].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Branchenspezifische Logistik (Stand des Wissens: 01.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?286059
Literatur
[ArIs08] Arnold, D., Isermann, H., Kuhn, A., Furmans, K., Tempelmeier, H. Handbuch Logistik, Ausgabe/Auflage 3., neu bearbeitete Auflage, Springer-Verlag / Berlin Heidelberg, 2008, ISBN/ISSN 3540729283
[Bedn12] Bednarczyk, Thomas Linienverkehrsplanung für KEP-Dienste, 2012
[BMVi21c] Prof. Dr. Pirmin Fontaine, Prof. Dr. Stefan Minner, Konstantin Geier, Maximiliane Rautenstrauß, Dr. Patricia Rogetzer, Prof. Dr. Rolf Moeckel, Dr. Carlos Llorca Potenziale für Lastenradtransporte in der Citylogistik |RadLast Leitfaden, 2021/01
[BMWK22b] BMWK (Hrsg.) Automobilindustrie, 2022/01
[BoCa22] Ralf Bogdanski , Cathrin Cailliau Kombinierter
KEP-Verkehr
mit öffentlichen
Nahverkehrsmitteln
, 2022
[Bulw17] Bulwiengesa AG Logistik und Immobilien 2017. Citylogistik. Mit neuen Ideen in die Stadt, 2017
[KlKr12a] Klaus, Peter , Krieger, Winfried , Krupp, Michael (Hrsg.) Gabler Lexikon Logistik: Management logistischer Netzwerke und Flüsse , Ausgabe/Auflage 5., Gabler Verlag, Wiesbaden, 2012, ISBN/ISSN 978-3-8349-7172-2
[Statista22] Sarah Keller Anzahl der Beschäftigten bei Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) in Deutschland in den Jahren 2002 bis 2021, 2021/06
[Statista22a] Sarah Keller Umsatz von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2021, 2022/06/22
Glossar
Hub-and-Spoke
Hubs sind zentrale Umschlagpunkte über die Versand- und Empfangspunkte miteinander verbunden werden.
Die Empfangs- und Versanddestinationen werden auch als Speichen (Spokes) bezeichnet. Das heißt, eine Verbindungen wird nicht direkt durchgeführt, sondern über einen zentralen Knoten oder Umschlagspunkt. Es wird daher von einem Hub-and-Spoke-System oder Nabe-Speiche-System gesprochen.
Letzte Meile
Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet die "letzte Meile", auch Teilnehmeranschlussleitung genannt, die Netzstrecke zwischen dem lokalen Verteilerkasten des entsprechenden Kommunikations-Unternehmens und dem Hausanschluss des Endkunden.
In der Logistik steht der Begriff für die Belieferung des Endkunden im Liefer- und Abholverkehr, also dem letzten notwendigen Transportvorgang.
KEP Kurier, Express, Paket - Bereich in der Transportwirtschaft, der als ein Teilmarkt in der Logistik angesehen wird. Anbieter von Kurier-, Express- und Paketdiensten (KEP) transportieren vornehmlich Sendungen mit relativ geringem Gewicht (von ca. 2 kg bis ca. 31 kg) und Volumen, wie z.B. Dokumente, Päckchen und Kleinstückgüter. Große KEP Anbieter wenden sich auch vermehrt den Märkten der Kontraktlogistik und Fulfillment Dienstleistungen zu.
Stückgutverkehr Stückgutverkehr bezeichnet den Transport von Gütern zwischen Absender und Empfänger, wobei durch die Objekteigenschaften der Güter des Absenders (z. B. Gewicht, Volumen etc.) das Transportmittel bzw. Ladegefäß nicht vollständig ausgelastet werden kann. Bestreben ist deshalb die Bündelung mehrerer Absender in gleiche Empfangsrelationen, um auf diese Weise die Transportmittelkapazität auf den Hauptläufen möglichst vollständig auszuschöpfen. Voraussetzung ist hierfür der Umschlag der Stückgüter in Versand- und/oder Empfangsdepots nach Ab- und/oder Zugangsrelationen. Die Hauptmerkmale des klassischen allgemeinen Stückgutmarkts sind die verpackten, zusammenladefähigen, adressierten Industriestückgüter mit einem Gewicht zwischen 25 kg und 2500 kg, die räumlich verstreute Kundenzahl aus Industrie und Handel und die flächige Verkehrsstruktur. In diesem eher ausreifenden Markt, in dem der Kooperations- und Konzentrationsdruck anhält, werden die Ertragsmöglichkeiten aufgrund der Auslastungs- und Preissensibilität des Marktes als eher unterdurchschnittlich angesehen.
Hauptlauf Unter dem Hauptlauf ist im Kombinierten Verkehr der gebündelte Transport von Ladeeinheiten zwischen zwei Umschlagpunkten zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Transportmittel. Transporte vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger werden als Vor- bzw. Nachlauf bezeichnet.
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Transportrelationen
Eine Transportrelation beschreibt die Transportbeziehung zweier Orte zwischen denen ein regelmäßiger Beförderungsbedarf besteht.
Hub Der Begriff Hub kommt vom englischen Begriff "Hub and Spoke", was im Deutschen "Nabe und Speiche" entspricht. Der Hub dient als Sammel- und Knotenpunkt für Hauptverkehrswegen für den Umschlag und die Zusammenfassung von Warenströmen in alle Richtungen, d.h. zur Warenübergabe an regionale Verteiler. Im Postwesen handelt es sich bei Hubs häufig um Paketzentren. Die Transportmittel zur weiteren Beförderung der Sendungen variieren (Schiffe, Flugzeuge, Lkw).
Depot „Depot” wird häufig synonym zum Begriff „Lager” verwendet. Im Rahmen von Tourenplanung wird der Ausgangs- und Endpunkt von Touren oft als Depot bezeichnet.
Vor- und Nachlauf Unter Vor- und Nachlauf sind im Kombinierten Verkehr Transporte der Ladeeinheit vom Versender zum Umschlagpunkt oder von dort zum Empfänger zu verstehen. Am Umschlagpunkt wechselt die Ladeeinheit das Verkehrsmittel. Der Transport zwischen zwei Umschlagpunkten wird als Hauptlauf bezeichnet.
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Versender Versender (auch Verlader genannt) sind Unternehmen, die Transportleistungen und verwandte logistische Dienstleistungen für ihre Sendungen nachfragen.
Tracking and Tracing
Unter "Tracking and Tracing" (zu Deutsch: Verfolgung und Rückverfolgung) wird ein System aus der Logistik verstanden, bei welchem der Status einer Lieferung sowohl vor als auch während der Lieferung überprüft werden kann.
Wechselbehälter Ein für den Gütertransport bestimmter Behälter, der im Hinblick auf die Abmessungen von Straßenfahrzeugen optimiert wurde und mit Greifkanten für den Umschlag zwischen den Verkehrsmitteln - in der Regel Straße-Schiene - ausgestattet ist. Gebräuchlich sind Behälter mit Längen von 7 m (Klasse C) und 13 m (Klasse A).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?290020

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 14:31:02