Gründe für das Ausflaggen von Seeschiffen
Erstellt am: 21.01.2003 | Stand des Wissens: 15.05.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Maritime Logistik, Prof. Dr.-Ing. C. Jahn
Wichtigster Grund für das Ausflaggen von Schiffen ist heute die Reduzierung von Kosten. Der in den Lehrbüchern der Schiffahrtsökonomie seit Jahrzehnten dargestellte Sachverhalt, dass unter den sogenannten "billigen Flaggen" oder "flags of convenience" deutliche Kostenvorteile zu erzielen sind, lässt sich auch mit statistischen Analysen für den seewärtigen Containerverkehr der Gegenwart nachweisen [WiMa10].
Setzen deutsche Reeder ihre Schiffe unter deutscher Flagge ein, so sind sie an die Regelungen der Schiffsbesetzungsverordnung gebunden und müssen bestimmte Positionen mit deutschen bzw. EU-Seeleuten besetzen [SchBesV]. Unter vielen fremden Flaggen fallen derartige Beschränkungen weg, sodass ausländische Seeleute zu oft deutlich niedrigeren Heuern beschäftigt werden können. Ergänzend zu den Vorschriften der Schiffsbesetzungsverordnung erhöhen Vorschriften zur Besatzungsstärke und zur Arbeitszeitregelung die Personalkosten für Schiffe unter deutscher Flagge. Da die Personalkosten zum Beispiel bei Containerschiffen deutscher Reeder 42 Prozent der Betriebskosten ausmachen [HSH09], lassen sich gerade hier erhebliche Einsparungen erzielen.
Für Großbritannien wurden folgende Indexwerte ermittelt [Bra07, S.79]
Setzen deutsche Reeder ihre Schiffe unter deutscher Flagge ein, so sind sie an die Regelungen der Schiffsbesetzungsverordnung gebunden und müssen bestimmte Positionen mit deutschen bzw. EU-Seeleuten besetzen [SchBesV]. Unter vielen fremden Flaggen fallen derartige Beschränkungen weg, sodass ausländische Seeleute zu oft deutlich niedrigeren Heuern beschäftigt werden können. Ergänzend zu den Vorschriften der Schiffsbesetzungsverordnung erhöhen Vorschriften zur Besatzungsstärke und zur Arbeitszeitregelung die Personalkosten für Schiffe unter deutscher Flagge. Da die Personalkosten zum Beispiel bei Containerschiffen deutscher Reeder 42 Prozent der Betriebskosten ausmachen [HSH09], lassen sich gerade hier erhebliche Einsparungen erzielen.
Für Großbritannien wurden folgende Indexwerte ermittelt [Bra07, S.79]
- britische Besatzung = 100
- britische Offiziere, philippinische Mannschaft = 65
- britisch/indische Offiziere, philippinische Mannschaft = 54
- britisch/indische Offiziere, Hongkong/chin. Mannschaft = 53
- philippinische Offiziere, philippinische Mannschaft = 42
- indische Offiziere, indische Mannschaft = 50
Berechnungen von PwC aus dem Jahr 2000 ergaben für ein Schiff mit mehr als 8.000 BRZ unter fremder Flagge 62 Prozent der Personalkosten unter deutscher Flagge. Einer Pressemitteilung der E.R. SCHIFFAHRT GmbH & Cie. KG aus dem Jahr 2011 zufolge fallen für deutsche Reeder unter deutscher Flagge im Vergleich zur liberianischen Flagge rund 500.000 Euro höhere Personalkosten pro Jahr und Schiff an [Roth11]. In diesem Kostenunterschied ist der Hauptgrund für die Ausflaggung zu sehen.
Zwar können auch andere Faktoren wie Einsatzgebiet des Handelsschiffes, Auflagen der Geschäftspartner und reedereispezifische Gegebenheiten Einfluss auf die Entscheidung des Reeders nehmen, sein Handelsschiff unter deutscher oder fremder Flagge zu führen. Diese werden aber insgesamt als weniger entscheidungsrelevant angesehen [PwC00, S. 13-20].
Zwar können auch andere Faktoren wie Einsatzgebiet des Handelsschiffes, Auflagen der Geschäftspartner und reedereispezifische Gegebenheiten Einfluss auf die Entscheidung des Reeders nehmen, sein Handelsschiff unter deutscher oder fremder Flagge zu führen. Diese werden aber insgesamt als weniger entscheidungsrelevant angesehen [PwC00, S. 13-20].
Der Bund möchte dem Trend durch finanzielle Mittel stoppen, indem er Zuschüsse für die Senkung von Lohnnebenkosten und zur Schaffung von Ausbildungsplätzen gewährt. Ebenfalls entfällt eine jährliche Registrierungsgebühr. Allerdings besteht ein weiterer Vorwurf über das umständliche, nicht zentralorganisierte Registrieren eines Schiffs unter deutscher Flagge [AVDI15]. Außerdem wurde 2016 der Lohnsteuereinbehalt von 40 auf 100 Prozent erhöht und die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung werden erstattet, um das Fahren unter deutscher Flagge attraktiver zu machen [BMWi17a, S. 29]. Auch eine reduzierende Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung sollte die Betriebskosten der Seeschiffe mindern [SchBesV].
Die durchgeführten Maßnahmen wurden im Jahr 2020 evaluiert und für zielführend empfunden. So habe das Maßnahmenpaket den Trend der Ausflaggung abschwächen können [BMDV20]. Die Gewerkschaft ver.di hingegen stellt die Wirksamkeit der Maßnahmen in Frage und beklagt dabei den Verlust von fast 1.000 beschäftigten deutschen Seeleuten im Zeitraum von 2016 bis 2019 (ein Rückgang von etwa 15 Prozent) [verdi20].