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Logistik im Veranstaltungssektor

Erstellt am: 18.07.2008 | Stand des Wissens: 01.09.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Die Eventlogistik, auch Veranstaltungslogistik genannt, bringt Besucher, Akteure und benötigte Materialien zusammen. Zu den benötigten Materialien können Ausstattungen, Infrastrukturen und Verbrauchsmaterialien zählen [Holz16, S. 70]. Diese Vielzahl an Aufgabenbereichen stellt die Eventlogistik vor spezifische Herausforderungen, die sich grundlegend von den repetitiven Logistikaufgaben industrieller Wertschöpfungsketten unterscheiden.
Events finden grundsätzlich zu einem fixen zeitlichen Termin statt und sind von begrenzter Dauer. Für geplante Events gilt, dass das Programm vorab im Detail ausgearbeitet und dementsprechend auch veröffentlicht wird. Die Planungs- und Vorbereitungsaufgaben sind im Vergleich zur Eventdurchführung wesentlich umfangreicher [HoJe10, S. 100]. Dabei charakterisiert sich ein Event dadurch, dass es eine abgeschlossene Veranstaltung ist und als ein Erlebnis gesehen werden kann [Holz16, S. 16]. Die Logistik muss dafür sorgen, dass jegliches Equipment, Materialien, Personen und Informationen planmäßig zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in bestellter Menge, in der richtigen Qualität und zum richtigen Preis zur Verfügung stehen [HoJe10, S. 100]. Bei der Eventlogistik stehen aber immer noch die klassischen Logistikaufgaben des Transports und der Lagerung im Vordergrund. Die Eventlogistik tritt einerseits selbst als Lieferant zum Beispiel in Form eines Spediteurs auf, andererseits koordiniert sie als interne Logistikorganisation eine Fülle an Direktlieferanten. Mit steigender Anzahl wächst auch die Anzahl der zu koordinierenden Schnittstellen. Die schnittstellenübergreifenden, punktgenauen Versorgungsaufgaben können nur effizient durch sorgfältige Planungs-, Steuerungs-, Koordinations- und Kontrollfunktionen gewährleistet werden [Allen05; Holz16, S. 15ff.].
Die Hauptaufgaben der Veranstaltungslogistik sind nach Sakschewski et al. [PaSak17, S. 118f]:
  • Planung der Besucherzugänge und der Besucherwege (Anteil/Frequenz des ÖPNV und MIV, Parkplätze, Zugänglichkeit)
  • Planung der Materialwege während des Aufbaus (Witterungsverhältnisse, Erreichbarkeit, Verkehrsbelastungen und Absperrmaßnahmen, Anwohnerinformation)
  • Reise und Unterkünfte für Künstler, VIPs oder eingeladene Teilnehmer (Buchungen, Kontingentplanung, Speisen, Lagerfäche für Equipment oder Garderobe)
  • Ver- und Entsorgung während der Veranstaltung
  • Transport von Künstlern und Equipment
  • Planung der Wegführung und Kontrolle der Umsetzung für VIPs und Presse
  • Planung der Materialwege während des Abbaus (Terminplanung, Reihenfolgenplanung, Entsorgung und Reinigung)
  • Maßnahmenplanung der Verkehrslenkung sowie Abstimmung und Koordination mit den betroffenen Behörden und Organisationen
Events stellen inszenierte Ereignisse dar, deren Inhalte so gestaltet werden, dass sie beim Zuschauer und/oder Teilnehmer starke Emotionen hervorrufen [Holz16, S. 33ff]. Mit zunehmenden Inszenierungsinhalten wachsen auch die Komplexität und der Verantwortungsbereich der Logistik im Event. Der Logistikmanager muss in engem Kontakt mit den Verantwortlichen sämtlicher Eventbereiche stehen. Nur dadurch ist es ihm möglich, Informationen aus den unterschiedlichen Logistikbereichen effizient zu koordinieren, um das Event erfolgreich durchzuführen [Holz16, S. 17f.]. Auch wenn sich Events in regelmäßigen Abständen wiederholen, wie zum Beispiel im vierjährigen Rhythmus der Olympischen Spiele, sind sie dennoch als einmalig und einzigartig anzusehen. Das beruht darauf, dass zwischen ihnen nicht nur eine relativ große Zeitdifferenz liegt, sondern diese auch für den Kunden etwas nicht Alltägliches sind und meist an wechselnden Veranstaltungsorten stattfinden [Getz97]. Die Eventlogistik beschäftigt sich mit eher einmaligen, sehr spezifischen Aufgaben und nicht wie die industrielle Logistik mit stetig wiederkehrenden, routinemäßigen Managementaufgaben [Holz16, S. 34f.].
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Branchenspezifische Logistik (Stand des Wissens: 01.09.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?286059
Literatur
[Allen05] Allen, Johnny, O´Toole, William, Harris, Robert Festival and Special Event Management, Ausgabe/Auflage 3., 2005
[Getz97] Getz, Donald Event Management & Event Tourism, 1997
[HoJe10] Holzbauer, Ulrich, Jettinger, Edwin, Knauss, Bernhard, Zeller, Markus Eventmanagement: Veranstaltungen professionell zum Erfolg führen (4.Auflage), 2010, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-642-12428-0_4
[Holz16] Holzbaur, Ulrich Events nachhaltig gestalten, Springer Gabler, Wiesbaden, 2016, Online-Referenz doi:10.1007/978-3-658-07717-4
[PaSak17] Thomas Sakschewski, Siegfried Paul Veranstaltungsmanagement - Märkte, Aufgaben und Akteure, 2017
Weiterführende Literatur
[Bobel08] Bobel, Tilo Logistikorientiertes Management von Events - Grundlage und Handlungsempfehlungen für die Eventlogistik im Dienstleistungsnetzwerk Event, Hamburg, 2008
[Modig07] Modig, Nina Material Flows Incurred by Activities at Project Sites, Göteborg, 2007
Glossar
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Spediteur Spediteure fungieren als Intermediäre zwischen Versender und Transporteur bzw. Frachtführer. Sie „besorgen” den Transport. Hierunter fallen insbesondere die Festlegung auf Verkehrsmittel und die Beauftragung ausführender Unternehmen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?269852

Gedruckt am Freitag, 19. April 2024 08:06:27