Kontraktlogistik in der Automobilbranche
Erstellt am: 17.01.2008 | Stand des Wissens: 14.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Die Komplexität der Wertschöpfung in der Automobilindustrie erhöht sich stetig. Gründe hierfür sind unter anderem der zunehmende Konkurrenzdruck, die fortschreitende Globalisierung auf Absatz- und Beschaffungsmärkten, sowie der Trend zu Lean Production. Dadurch steigen die Anforderungen an die Logistikdienstleister, weil sie Systemlieferanten von immer komplexeren Modulen und Wertschöpfungsteilen werden [KlPr07, S. 620f.] und zunehmend Verantwortung für die Funktionalität der jeweiligen Supply Chain tragen. Die Automobilhersteller erhalten die Rolle von System- oder Modulintegratoren, welche die Lieferantennetzwerke steuern. Dementsprechend sinkt ihr Anteil an der Wertschöpfung, was die Automobilbranche zu einem interessanten Markt für Kontraktlogistiker macht.
Die Transportleistungen beziehen sich auf die Beschaffungs- und Distributionstransporte für Fahrzeuge und Ersatzteile. Abhängig vom Zielort erfolgt die Distribution von Fahrzeugen per Lkw, Bahn und Schiff. Die Distribution von Ersatzteilen erfolgt mittels Lkw, Schiff und Flugzeug. Große Wiederbeschaffungsvolumina werden von Transportdienstleistern befördert. Die Abwicklung von dringendem Bedarf wird durch spezialisierte Integratoren aus dem Paket- oder Stückgut Bereich, welche schnelle Transportzeiten garantieren können, realisiert [KlPr07, S. 627]. Die effektive Routenplanung für das Gesamtlogistiksystem stellt ein komplexes Optimierungsproblem dar, da Volumen-, Gewichts- und Entfernungsrestriktionen, sowie Zeitfenster gleichermaßen beachtet werden müssen. Häufig werden deshalb von Kontraktlogistikseite Speditionen beziehungsweise Transporteure eingesetzt, welche durch Größenvorteile oder Spezialisierung eine effektivere und effizientere Transporterbringung leisten können [KlPr07, S. 627].
In der Supply Chain sind grundsätzlich auf allen Stufen der Wertschöpfung Zwischenlager zu finden, was zunächst dem Gedanken der Lean Production widerspricht. Die Einrichtung eines Logistik-Lieferanten-Zentrums (LLZ) soll helfen, diesen Widerspruch zumindest teilweise aufzuheben [KlPr07, S. 627f.]. Um die Versorgung zu sichern und die Kosten gering zu halten ist das LLZ in der Nähe des Automobilherstellers oder auf dessen Werksgelände angesiedelt. Solche Lager werden häufig von einem Logistikdienstleister eingerichtet und betrieben. Maximale ökonomische Vorteile können dann erreicht werden, wenn allen Lieferanten fest vorgegebene einzulagernde Mindestbestände vorgeschrieben und diese eingehalten werden [KlPr07, S. 628].
Typische Erscheinungsformen für die Bündelung von Logistikleistungen in Kontraktlogistikprojekten sind in der Automobilbranche Logistiklieferantenzenten, Systemzentren und die Linienversorgung. In Systemzentren ist ein Logistikdienstleister dafür zuständig, den "Just-in-Time/Just-in-Sequence" Service, bezogen auf diverse Zulieferer für den Automobilhersteller, bereitzustellen [KlPr07, S. 628f.]. Als Teil der Linienversorgung vollzieht der Logistikdienstleister die physische Materialversorgung der Montagelinie. Dies kann Wareneingang, Zwischenlagerung, Kommissionierung und Bereitstellung am Einbauort beinhalten sowie die Entsorgung von Leergut an der Montagelinie [KlPr07, S. 628f.].