Lastzugkombinationen - Übersicht
Erstellt am: 11.10.2007 | Stand des Wissens: 03.01.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Vor dem Hintergrund steigender Transportleistungen, insbesondere im Straßengüterverkehr, wird nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, den Verkehr auf dem zunehmend überlasteten Straßennetz effizienter zu gestalten. Ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, die derzeit zulässigen Fahrzeugabmessungen und -gewichte zu erhöhen, um bis zu 50 Prozent mehr Güter mit einem Fahrzeug befördern und somit einen erheblichen Teil von Lkw-Fahrten einsparen zu können. So erlaubt auch die Europäische Union mit ihrer Richtlinie [96/53/EG] ihren Mitgliedsstaaten, Lastzugkombinationen nach dem modularen Konzept mit deutlich längeren Abmessungen und Gewichten zuzulassen (bis zu 25,25 Meter und 60 Tonnen Gesamtgewicht). Am 14.11.2020 trat die 10. Änderungsverordnung Lang-Lkw in Kraft, in der das Streckennetz auf dem Lang-Lkw verkehren dürfen (Positivnetz [Bast20b]) um 200 neue Strecken erweitert wurde [BMVI21k].
In den skandinavischen Ländern sind solche Lastzugkombinationen schon seit vielen Jahren Standard. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wurde vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2016 ein Feldversuch mit Lang-Lkw durchgeführt, der wissenschaftlich durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) begleitet wurde. Dabei waren Lang-Lkw mit einer Länge von 25,25 Meter zugelassen. Seit dem 01.01.2017 können Speditionen in Deutschland die Lang-Lkw auf bestimmten Strecken einsetzen, die dafür kein Genehmigungsverfahren durchlaufen müssen [BASt16b; DEKRA16a]. Am 14.11.2020 trat die 10. Änderungsverordnung für Lang-Lkw in Kraft, in der das Streckennetz auf dem Lang-Lkw verkehren dürfen (Positivnetz [Bast20b]) um 200 neue Strecken erweitert wurde [BMVI21k].
Die Syntheseberichte im Bereich "Lastzugkombinationen in Deutschland" stellen die bisherigen deutschen Modellversuche und sonstigen Ausnahmegenehmigungen auf Landesebene vor. Außerdem werden einige Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen solche oder ähnliche Fahrzeuge verkehren, vorgestellt (insbesondere aus Australien, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern). Ferner werden die rechtlichen Grundlagen sowie die verschiedenen Fahrzeugkonzepte vorgestellt. Der Hauptteil der Wissenslandkarte Lastzugkombinationen im Straßengüterverkehr widmet sich den möglichen Auswirkungen, die eine generelle Zulassung von Lastzugkombinationen auf deutschen Straßen zur Folge haben könnte. Diese Vor- und Nachteile wurden in der Vergangenheit äußerst kontrovers diskutiert. Während die Befürworter der Lastzugkombinationen mit einer Entlastung der Straßen sowie der Fahrbahnoberflächen und mit bis zu 30 Prozent geringeren Umweltbelastungen rechnen, argumentieren die Gegner vor allem mit Verkehrssicherheitsproblemen (unter anderem durch längere Überholvorgänge und schwerwiegenderen Unfällen aufgrund der größeren Aufprallenergie). Des Weiteren stellen Schädigungen der Straßeninfrastruktur, insbesondere von Brücken, aber auch durch das Befahren von für längere Lastzugkombinationen zu klein dimensionierten Verkehrsanlagen, wie Einmündungen und Kreisverkehren, ein Problem dar. Es werden auch negative Auswirkungen für die Umwelt prognostiziert, da sich ein Teil des Verkehrs von der "umweltfreundlicheren" Schiene oder den Wasserwegen auf die Straße verlagern würde. Das BMDV konnte allerdings bis 2023 keinen erhöhten Erhaltungsaufwand für die Infrastruktur feststellen [BMDV22x].