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Auswirkungen von Lastzugkombinationen auf die Befahrbarkeit von Rastplätzen

Erstellt am: 02.10.2007 | Stand des Wissens: 15.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten

Die Fahrer von Lastzugkombinationen müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhalten. In der Regel sind jedoch die heutigen Lkw-Stellplätze an Rastanlagen zu kurz und es stehen bislang nur vereinzelt Parkstände für überlange Fahrzeuge zur Verfügung (zum Beispiel extra Parkstände für Schwertransporte oder mehrere hintereinanderliegende Längsparkstände) [BASt07c, S. 76]. Die Bereitstellung von regulären Stellplätzen für Lastzugkombinationen wäre aber bei einem flächendeckenden Einsatz dieser Fahrzeuge unabdingbar, da sonst die Zufahrtsbereiche und Fahrgassen als Stellplatz mitbenutzt werden müssten, was allerdings aus Sicherheitsgründen und Gründen des Betriebsablaufs unbedingt vermieden werden sollte [BASt07c, S. 76].
Gemäß den Richtlinien für Rastanlagen an Straßen, soll der Abstand zwischen den 6,50 Meter breiten Fahrgassen bei Schrägaufstellung von 50 gon mindestens 18 Meter betragen [BASt07c, S. 75]. Dementsprechend müsste der Abstand zwischen den Fahrgassen vergrößert beziehungsweise bei bereits bestehenden Anlagen mit 18 Meter auseinanderliegenden Fahrgassen ein deutlich geringerer Aufstellwinkel (< 40 gon) markiert werden. Jedoch müssten bei einem Aufstellwinkel von 40 gon die Parkstände breiter ausgeführt werden, damit die verschiedenen Ausführungen der Lastzugkombinationen nicht die benachbarten Parkstände überfahren [BASt07c, S. 76].
Die Befürworter der Lastzugkombinationen verweisen darauf, dass bereits heute die Parkplätze für Lkw an Autobahnrastanlagen nicht ausreichen. Um die Engpässe zu beheben - auch in Anbetracht des stark zunehmenden Güterverkehrs auf den Straßen - müsse der Bund ohnehin dringend neue Parkanlagen bauen, für die dann die Abmessungen der EuroCombi berücksichtigt werden [VDA06a; BGA06a], allerdings steht dies im Widerspruch zur vom Bund angestrebten Verkehrswende. Die Überfüllung der Rastanlagen bestätigt auch die Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), wonach in einer Untersuchung eine mittlere Auslastung von 180 Prozent bei Nacht ermittelt wurde [BASt07c, S. 76]. Im Abschlussbericht des Feldversuches mit Lang-Lkw 2016 beklagten Fahrer ebenfalls eine deutliche Verschlechterung der Rastplatzsituation mit den übergroßen Fahrzeugen [Bast16f, S. 124]. Die Lkw-Parkflächen wurden, nach einer Erhebung aus dem Jahr 2008, in der man lediglich 46.400 Lkw-Parkstände bundesweit ermittelte, stetig ausgebaut. Die darauffolgende Erhebung aus dem Jahr 2013 ergab einen Stand von 71.350 Lkw-Parkplätzen. Im Gegensatz dazu verdeutlicht die Studie, dass trotz des Ausbaus der Lkw-Parkplatzkapazitäten, weiterhin Parkflächen benötigt werden [BMVI16n]. So fehlen mittlerweile 26.000 Stellplätze [DVZ18a].
Eine Lösungsmöglichkeit des Stellplatzproblems wird in telematisch gesteuerten Lkw-Parkplätzen gesehen. Durch intelligentes Stellplatzmanagement mithilfe der Telematik kann zum Beispiel die Kapazität durch Lkw-Kolonnenparkstände erhöht werden [BMVI11c, S. 15-19; DVZ18a]. Diese Thematik wird in anderen Syntheseberichten vertiefend behandelt, siehe dazu zum Beispiel [BrMa07; BrMa06] oder [BrFo05]. Werden für Lastzugkombinationen keine Stellplätze zur Verfügung gestellt, so müssen die Fahrzeuge mit zwei Fahrern im Wechselbetrieb besetzt sein. Alternativ schlägt der BGA vor, Lastzugkombinationen vorerst nur als Punkt-zu-Punkt-Verkehre auf mittellangen Strecken zuzulassen, wie derzeit in den laufenden Modellversuchen praktiziert wird [BGA06a].
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Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. Dr. h.c. W. Kersten
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Auswirkungen von Lastzugkombinationen auf die Befahrbarkeit von Verkehrsanlagen (Stand des Wissens: 23.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?232959
Literatur
[BASt07c] Glaeser, Klaus-Peter, Dr., Kaschner, Rolf, Lerner, Markus, Roder, Kurt, Weber, Roland, Wolf, Andreas, Zander, Ulf , Weber, Roland, Dr.-Ing. Auswirkungen von neuen Fahrzeugkonzepten auf die Infrastruktur des Bundesfernstraßennetzes, Ausgabe/Auflage Schlussbericht, Langfassung (2. Auflage), 2006/11
[Bast16f] Marco Irzik, Thomas Kranz und Jan-André Bühne, Klaus-Peter Glaeser, Sigrid Limbeck, Jost Gail und Wolfram Bartolomaeus, Andreas Wolf, Christof Sistenich und Ingo Kaundinya, Ilja Jungfeld, Uwe Ellmers und Janine Kübler, Hardy Holte, Rolf Kaschner Feldversuch mit Lang-Lkw , 2016
[BGA06a] BGA Das Europäische Modulare System (EMS) - BGA-Positionspapier, Ausgabe/Auflage BGA-Position Nr. 3/2006, 2006
[BMVI11c] Bundesministerium für Digitales und Verkehr Lkw-Parken in einem modernen, bedarfsgerechten Rastanlagensystem, 2011
[BMVI16n] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Nebenbetriebe / Rastanlagen, 2016/12/19
[BrFo05] Breßler, Dierk, Dipl.-Ing. (FH), Follmann, Jürgen, Dr.-Ing. Kolonnenparken für Lkw auf Rastanlagen, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Heft Nr. 10 /2005, Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn, 2005/10
[BrMa06] Breßler, Andrea, Dr.-Ing., Manns, Klaus, Dr.-Ing. Telematisch gesteuertes Lkw-Parken auf Tank- und Rastanlagen, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Heft 7/2006, Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn, 2006/07
[BrMa07] Breßler, Andrea, Dr.-Ing., Manns, Klaus, Dr.-Ing., Pilotanlage für telematisch gesteuertes Lkw-Parken an der Tank- und Rastanlage Montabaur - Erfahrungsbericht, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage Nr. 6 2007, Kirschbaum Verlag GmbH, Bonn, 2007/06
[DVZ18a] o.A. Große Not für Lkw auf Autobahnraststätten, 2018/10/10
[VDA06a] VDA EuroCombi: Mehr Güter - Weniger Verkehr, 2006
Rechtsvorschriften
[RR1´81] Richtlinien für Rastanlagen an Straßen
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
BASt Bundesanstalt für Straßenwesen
Telematik Der Begriff Telematik ist aus den Worten Telekommunikation und Informatik zusammengesetzt und bezeichnet Technologien, die Datenverarbeitung und Nachrichtentechnik miteinander verknüpfen.
Verkehrswende
Mit der Verkehrswende in Deutschland wird das Ziel verfolgt, den Verkehrssektor bis spätestens 2050 klimaneutral zu gestalten. Dazu sollen die anfallenden Treibhausgasemissionen möglichst vollständig vermieden und verbleibende Restemissionen durch die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre ausgeglichen werden. Die Verkehrswende lässt sich in zwei parallellaufende Entwicklungen gliedern: die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehr (auch Antriebswende genannt).

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?236947

Gedruckt am Dienstag, 19. März 2024 12:30:17