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Qualitätsindikatoren für die Umweltaspekte des Fußgängerverkehrs

Erstellt am: 24.07.2007 | Stand des Wissens: 16.03.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Der Fußgängerverkehr hat, verglichen mit allen anderen Verkehrsmitteln, die geringsten Umweltauswirkungen. Die Fortbewegung ohne technische Hilfsmittel verursacht (praktisch) keine Emissionen. Die CO2-Emissionen und der ökologische Fußabdruck sind beim zu Fuß gehen im Gegensatz zu den anderen Verkehrsmitteln am geringsten. Der Fußverkehr verursacht gegenüber beispielweise dem Pkw-Verkehr mit 1.399 Kilogramm CO2 pro Kopf und Jahr nur ein Kilogramm CO2 pro Kopf und Jahr [BVIT12, S. 101]. Nur bei der Herstellung und Instandhaltung der Fußgängerverkehrsinfrastrukturanlagen werden Ressourcen verbraucht. Darüber hinaus verursacht der Fußgängerverkehr keinen Lärm und seine Anlagen benötigen nur einen Bruchteil der Flächen, die andere Verkehrsteilnehmer beanspruchen.
Substitutionen von Pkw-Fahrten durch Fußwege sowie eine gezielte Fußverkehrsförderung stärken insgesamt den Umweltverbund und ermöglichen eine Reduktion von schädlichen Umweltauswirkungen des Kfz-Verkehrs. Darüber hinaus werden gleichzeitig erschöpfbare Energieressourcen geschont und wichtige Beiträge für Umwelt- und Klimaschutz sowie für Ressourcen- und Flächeneinsparung geleistet [UBA06, UBA18g, S. 37].
In [UBA05d] werden zwar keine direkt messbaren Indikatoren für Fußgänger in Bezug auf umweltschädliche Belastungen genannt, aber eine Förderung des Fußgängerverkehrs trägt meistens direkt dazu bei, dass bei den nachfolgenden Indikatoren eine Verbesserung eintritt [UBA05d]:
  • Anteil der Einwohner mit andauernder Verkehrslärmbelastung von mehr als 65 Dezibel (dB(A)) tagsüber (oder als zweites Kriterium: mehr als 55dB(A) nachts) als Schwellenwert für Gesundheitsgefährdungen, bezogen auf die Gesamtzahl der Einwohner in Prozent (Indikator Lärm),
  • Anteil der Einwohner mit einer kritischen Schwebstaubbelastung (PM 10), bezogen auf die Gesamtzahl der Einwohner in Prozent (Indikator Luftschadstoffe),
  • Straßenfläche pro Einwohner (Indikator Flächenverbrauch),
  • Anteil der gemeldeten Pkw pro 1.000 Einwohner (Indikator Energieverbrauch im Motorisierten Verkehr) und
  • Anzahl der Carsharing-Teilnehmer pro 1.000 Einwohner, verglichen im Zeitverlauf beziehungsweise in Relation der Carsharing-Teilnehmer zum Motorisierungsgrad der Einwohner (Indikator Energieverbrauch im motorisierten Verkehr).
Durch den Fußverkehr sinken neben Treibhausgasemissionen, Luftschadstoffen und Straßenverkehrslärm auch weitere negative Umweltfolgen, die durch die Umwandlung von Flächen in Verkehrsflächen entstehen. Dies ist ein besonderes Kriterium, da sich die Bundesregierung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2030 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf unter 30 Hektar pro Tag zu verringern [BReg18a, S. 55]. Das Bundeministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) bringt in seinem integrierten Umweltprogramm den Vorschlag eine bundesweite Reduzierung auf 20 Hektar pro Tag sowie eigene Flächensparziele auf Landesebene vor [BMUB16b].
Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Monitoring des Nichtmotorisierten Verkehrs (Stand des Wissens: 10.05.2021)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?493403
Literatur
[BMUB16b] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Hrsg.) Den ökologischen Wandel gestalten (Integriertes Umweltprogramm 2030), 2016/08
[BReg18a] Die Bundesregierung (Hrsg.) Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie - Aktualisierung 2018, 2018/10/15
[BVIT12] Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Österreich (Hrsg.) Fußverkehr in Zahlen (Daten, Fakten und Besonderheiten), Wien, 2012/09
[UBA05d] BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. Reinhold Baier GmbH, Schäfer, Karl-Heinz Qualitätsziele und Indikatoren für eine nachhaltige Mobilität - Anwenderleitfaden, veröffentlicht in Mensch-Stadt-Verkehr-Umwelt, 2005
[UBA06] Krause, Juliane, Dipl-Ing. (plan & rat), Hildebrandt, Edzard, Dipl.-Ing. (PGV) Modellvorhaben "Fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt" - Chancen des Fuß- und Radverkehrs als Beitrag zur Umweltentlastung, veröffentlicht in Texte 28/05, 2006/1, ISBN/ISSN 0722-186X
[UBA18g] Bauer, U.; , Hertel, M.;, Buchmann, L.;, Frehn, M.; Spott, M. Geht doch! - Grundzüge einer bundesweiten Fußverkehrsstrategie, veröffentlicht in UBA-TEXTE, Ausgabe/Auflage 75/2018, Umweltbundesamt / Dessau-Roßlau, 2018/10, ISBN/ISSN 1862- 4359
Weiterführende Literatur
[FUSS18c] FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland (Hrsg.) Handlungsleitfaden "Schritte zur Einführung einer kommunalen Fußverkehrsstrategie", 2018
[UBA20a] Umweltbundesamt (Hrsg.) Umweltfreundlich mobil!
Ein ökologischer Verkehrsartenvergleich für den Personen- und Güterverkehr in Deutschland, 2020/12, ISBN/ISSN 1862-4804
Glossar
Umweltverbund
Unter dem Begriff Umweltverbund wird die Kooperation der umweltfreundlichen Verkehrsmittel verstanden. Hierzu zählen die öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus und Taxis), nicht motorisierte Verkehrsträger (Fußgänger und private oder öffentliche Fahrräder), sowie Carsharing und Mitfahrzentralen. Ziel ist es, Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen, ihre Wege innerhalb des Umweltverbunds, anstatt mit dem eigenen Pkw, zurückzulegen. Zunehmend wird der Begriff Mobilitätsverbund genutzt.
Carsharing
Der Begriff CarSharing stammt aus dem Englischen (car= Auto, to share= teilen) und kann sinngemäß mit der Bedeutung "Auto teilen" übersetzt werden. Er beschreibt die organisierte, gemeinschaftliche Nutzung von Kraftfahrzeugen, die meist von Unternehmen gegen Gebühr bereitgestellt werden.
Durch einen Rahmenvertrag oder eine Vereinsmitgliedschaft erhalten Kunden flexiblen Zugriff auf alle Kfz eines Anbieters. Die Fahrzeuge können über eine Webseite oder über eine Smartphone-App gebucht werden. Geöffnet werden sie in der Regel mit Hilfe von Chipkarten oder durch einen über die Smartphone-App vermittelten Zugangscode .
Bei dem System des stationsbasierten CarSharing stehen die Fahrzeuge auf reservierten Stellplätzen und werden nach der Nutzung auch wieder dorthin zurückgebracht. Ein anderes Modell ist das free-floating CarSharing. Hier stehen die Fahrzeuge in einem definierten Operationsgebiert verteilt. Sie können per Smartphone geortet werden und nach der Nutzung auf einem beliebigen Stellplatz innerhalb des Operationsgebiets zurückgegeben werden.
BMUV
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (bis 12/2013 BMU, bis 03/2018 BMUB und bis 12/2021 BMU)
dB(A) Messgröße des A-bewerteten Schalldruckpegels zur Bestimmung von Geräuschpegeln. Die dB-Skala ist logarithmisch aufgebaut, d. h. eine Verdoppelung der Lärmintensität führt zu einer Erhöhung um 3 dB. Das menschliche Ohr empfindet eine Erhöhung um 10 dB als Verdoppelung der Lautstärke. Hierzu ist eine Schallintensitätsverzehnfachung erforderlich. Der Zusatz "(A)" gibt an, dass dem betreffenden Messergebnis die standardisierte A-Berwertungskurve zugrunde liegt. Sie berücksichtigt einen nichtlinearen frequenz- und pegelabhängigen Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommenem Läutstärkepegel und vorliegendem Schalldruckpegel. So empfindet das menschliche Gehör bspw. mittlere Frequenzen im Vergleich zu niedrigen Frequenzgängen als wesentlich lauter, weshalb die Einheit dB(A) entsprechende Tonhöhen stärker gewichtet. Ein gesundes Ohr kann bereits einen Schalldruck von 0 dB (A) wahrnehmen (Hörschwelle), bei Werten über 120 dB (A) wird die Geräuschbelastung unerträglich laut (Schmerzgrenze). Eine Langzeiteinwirkung von über 85 dB(A) zieht u. U. dauerhafte Gehörschäden nach sich.
Instandhaltung
Im Kontext des Erhaltungsmanagements bezeichnen die Begriffe "Instandhaltung" und "bauliche Unterhaltung" bauliche Maßnahmen kleineren Umfangs zur Substanzerhaltung von Verkehrsflächen, die mit geringem Aufwand in der Regel sofort nach Auftreten eines örtlich begrenzten Schadens ausgeführt werden.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?231893

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 13:13:18