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Road Trains in Australien

Erstellt am: 19.04.2007 | Stand des Wissens: 23.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Zu den schweren Güterkraftfahrzeugen (englisch: heavy vehicles) in Australien zählen Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 4,5 Tonnen [LIVE11]. Bis 2014 galten abweichende Bestimmungen für den Straßengüterverkehr in den verschiedenen Bundesstaaten. Mit dem Heavy Vehicle National Law (HVNL) wurden diese mit dem 10. Februar 2014 in Queensland, New South Wales, Victoria, Südaustralien und Tasmanien vereinheitlicht. Auch wenn Westaustralien und das Northern Territory das HVNL bisher noch nicht umgesetzt haben, gelten die gesetzlichen Regelungen gleichermaßen für Fahrzeuge aus diesen Ländern, wenn sie in einen der Staaten oder Gebiete einfahren, in denen das HVNL gilt. In einigen Fällen müssen die Fahrer auch bestimmte Aspekte des HVNL vor Grenzübertritt einhalten (zum Beispiel Anforderungen an das Arbeitstagebuch) [NHVR14].

Im HVNL wird zwischen dem B-Double und dem Road Train unterschieden (vgl. Abbildung 1). Ein B-Double setzt sich aus der Zugmaschine und zwei Aufliegern zusammen, wobei der zweite Auflieger direkt auf dem Heck des vorderen befestigt ist. Ein Road Train besteht aus der Zugmaschine und mindestens zwei Anhängern.
LKW-Australien.gifAbbildung 1: Unterscheidung zwischen B-Double und (Triple) Road Train im HVNL [Quee14a]
Die folgenden Zahlenangaben beziehen sich auf den Information Guide for Road Trains für das Straßennetz in Südaustralien. Ein Fahrzeug, das eine Höhe von 4,3 Metern, eine Länge von 19 Metern, ein Gesamtgewicht von 42,5 Tonnen und die zulässigen Achslasten nicht überschreitet, wird als General Access Vehicle bezeichnet [IGRT11]. Road Trains zählen zu den Restricted Access Vehicles. Diese haben auf dem öffentlichen Straßennetz nur Zugang zu bestimmten Strecken, die durch das australische Verkehrsministerium bestimmt werden. Die Höchstgeschwindigkeit für Road Trains beträgt auf Autobahnen in der Regel 100 Kilometer pro Stunde, in Ortschaften 50 Kilometer pro Stunde. Die maximal erlaubte Länge des Road Trains beträgt 53,5 Meter, das zulässige Gesamtgewicht 116,2 Tonnen unter Beachtung der Achslasten. In Ausnahmen sind bis zu 125,2 Tonnen möglich [IGRT11]. Road Trains müssen durch Warnschilder am Heck gekennzeichnet sein [QUEE14]. In Australien ist die Verwendung von leistungsabhängigen Standards üblich. Damit gibt es im Vergleich zu Europa einen größeren Spielraum bei der Vorgabe von Maßen und Gewichten, die eine größere Flexibilität für die Transportaufgaben in der Praxis bieten. Die leistungsabhängigen Standards sind unter anderem auf die Fahrstabilität der Fahrzeuge, die vorhandene Straßeninfrastruktur sowie auf sicherheitsrelevante Aspekte ausgelegt [BASt10a]. Der größere Spielraum bei Längenmaßen und Gewichten wird insbesondere auf nicht öffentlichen Straßen genutzt. Deutlich längere und schwerere Road Trains werden im Tagebau eingesetzt (siehe Abbildung 2). Diese Fahrzeugkombinationen erreichen eine Länge von 97 Metern und eine durchschnittliche Nutzlast von 275 Tonnen [COMO04].
Rt4.JPGAbb. 2: Roadtrain mit 190 Tonnen Gesamtgewicht [MaGe15]
Ziel des HVNL war es, ein nahtloses, nationales, einheitliches und koordiniertes System der Schwerverkehrsregelung zu implementieren, das die öffentliche Sicherheit fördert und die Auswirkungen von schweren Nutzfahrzeugen auf die Umwelt, die Straßeninfrastruktur und die öffentlichen Einrichtungen kontrolliert [NTC19, S.13]. Aus Sicht der National Transport Commission (NTC) hat das HVNL sein ursprüngliches Ziel jedoch verfehlt. Hierbei wird vor allem auf die fehlende nationale Einheitlichkeit verwiesen, die sich zum einen aus der fehlenden Umsetzung des HVNL in Westaustralien sowie dem Northern Territory und zum anderen aus den Abweichungen in den anderen Staaten, die häufig lokale Ausnahmeregelungen bei der Implementierung des Gesetztes gemacht haben, ergibt. Zudem wird das HVNL als präskriptiv und unflexibel beschrieben, wonach es schwierig sei, neue Ansätze oder Technologien einzuführen. Der One-Size-fit-All-Ansatz des Gesetzes wird außerdem dahingehend kritisiert, dass es das unterschiedliche Risikoprofil für die Nutzung von Schwerlastkraftwagen in Australien nicht berücksichtigen würde. Auch die regulatorischen Belastungen seien nach wie vor hoch [NTC19, S.10].

Im Mai 2018 einigten sich die Verkehrsminister darauf, eine von der NTC geleitete Überprüfung des HVNL voranzutreiben. Im Januar 2019 veröffentlichte das NTC seinen Ansatz zur Überprüfung, der den Projektrahmen und das Vorgehen skizziert und erläutert. Das Ziel der HVNL-Überprüfung ist ein völlig neues Gesetz. Auf dem Weg dorthin sind acht Paper entstanden, welche den aktuellen Stand des HVNL identifizieren und vorläufige Stellungnahmen zu den Möglichkeiten, wie die Schwerlastregelungen verbessert werden könnten, erarbeiten sollen. Hierbei wurden die Erfahrungen und Meinungen von Personen aus der Bevölkerung, die vom HVNL betroffen sind, miteinbezogen [NTC19]. Im Mai 2021 genehmigten die Minister ein zweijähriges Programm für die Sicherheit und Produktivität des HVNL, um die Reformergebnisse der Überprüfung des HVNL umzusetzen. Die Umsetzungsphase des Programms wird zu einem aktualisierten Gesetz führen, das auf einem neuen, auf das Risikomanagement ausgerichteten Rahmen für die Betreibersicherheit beruht sowie Vereinfachungen und Flexibilität bieten soll. Das Programm umfasst die folgenden sechs Reformbereiche [NTC21]:
  • Betreibersicherungssystem
  • Technologie und Daten
  • Pflichten und Gesundheit der Fahrer
  • Müdigkeitsmanagement
  • Fahrzeuge und Zugang
  • Rechtlicher Ansatz

Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Lastzugkombinationen im Straßengüterverkehr (Stand des Wissens: 23.12.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?221041
Literatur
[BASt10a] k.A. OECD-Studie (Summary Report): Moving Freight with better trucks - Stellungnahme der BASt, Bergisch Gladbach, 2010/12/01
[COMO04] THE BIG PULL.. AND PUSH, veröffentlicht in Commercial Motor, Ausgabe/Auflage 40, Road Transport Media Ltd. Registered Office Warwickshire, 2004/01/01
[IGRT11] Information Guide For Road Trains, Government of South Australia Department for Transport, Energy and Infrastructure DTEI Transport Safety Regulation, 2011/08/01
[LIVE11] John Livermore Transport Law in Australia, Kluver Law International Alphen aan den Rijn, 2011/01/01
[MaGe15] Manuel Gemperle Australiens Roadtrains - Trucks der Superlative, 2015
[NHVR14] One rulebook later from 10 February 2014, National Heavy Vehicle Regulator (NHVR) Brisbane, Queensland, 2014/02/10
[NTC19] National Transport Commission (NTC) (Hrsg.) A risk-based approach to regulating heavy vehicles, 2019/03
[NTC21] National Transport Commission (Hrsg.) HVNL Review - Co-ordination, 2021
[QUEE14] State of Queensland (Hrsg.) Transport Operations (Road Use Management: Vehicle Standards and Safety) Regulation 2010, veröffentlicht in Transport Operations (Road Use Management) Act 1995, State of Queensland , 2014/02/10
[Quee14a] Heavy Vehicle National Law
Act 2012, State of Queensland , 2014/02/10
Glossar
Lkw Lastkraftwagen (Lkw) sind Kraftfahrzeuge, die laut Richtlinie 1997/27/EG überwiegend oder sogar ausschließlich für die Beförderung von Gütern und Waren bestimmt sind. Oftmals handelt es sich dabei um Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse zwischen 3,5 und 12 Tonnen. In Einzelfällen kann die zulässige Gesamtmasse diese Werte jedoch auch unter- beziehungsweise überschreiten, sofern das Kriterium der Güterbeförderung gegeben ist. Lastkraftwagen können auch einen Anhänger ziehen.
Roadtrain Der Begriff Roadtrain stammt aus Australien. Dort werden Trucks ab einer Länge von 27,5 m als Roadtrains bezeichnet, die speziell gekennzeichnet werden müssen. Sie haben ein maximales Gesamtgewicht von bis zu 149 t und sind bis zu 53,5 m lang (entspricht der 3-fachen Länge der deutschen Bestimmungen).
Radsatzlast Die Radsatzlast (auch Achslast) beschreibt den Anteil der Fahrzeuggesamtmasse in Tonnen, der vom Fahrzeug über eine Achse auf den Schienenfahrweg aufgebracht wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?222046

Gedruckt am Donnerstag, 28. März 2024 21:49:01