Prognosen der Verkehrsnachfrage
Erstellt am: 11.04.2007 | Stand des Wissens: 30.04.2018
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Prognosen der Verkehrsnachfrage orientieren sich meistens an den einzelnen Stufen des in der Verkehrsplanung üblichen Vier-Stufen-Algorithmus, auch als Vier-Stufen-Modell bezeichnet: Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung, Verkehrsumlegung. Verkehrsverteilung und -aufteilung können auch simultan erfolgen, d. h. in einem Schritt.
1) Verkehrserzeugung
Die Verkehrserzeugung als erste Stufe hat die Vorhersage des Verkehrsaufkommens oder der Verkehrsleistung im Personen- oder Güterverkehr zum Gegenstand, und zwar unabhängig davon, wo die betreffenden Ortsveränderungen stattfinden [Vah96, S. 1172]. Es wird die Zahl der pro Zeiteinheit (z. B. 1 Jahr) "erzeugten" Ortsveränderungen als Funktion sozioökonomischer Merkmale dargestellt, z. B. als Abhängigkeit der Erwerbstätigkeit, des Bruttoinlandsproduktes, der Pkw-Verfügbarkeit und anderen. Dabei können Mikro- und Makromodelle zur Anwendung kommen [Vah96, S. 1173]. Der empirische Zusammenhang zwischen Verkehrsaufkommen und sozioökonomischen Leitdaten kann mit Hilfe von Regressionsanalysen geschätzt werden. Der Zusammenhang wird für die Verhältnisse der Vergangenheit ermittelt. Aus der Prognose der erwarteten Veränderung der Leitdaten wird auf die Entwicklung in der Zukunft geschlossen.
2) Verkehrsverteilung
Die Verkehrsverteilung als zweite Stufe beschreibt die räumliche Aufgliederung der prognostizierten Verkehrsströme. Für jede Verkehrszelle des Untersuchungsraumes wird der jeweilige Quellverkehr auf die Verkehrszellen verteilt, welche die Ziele der Ortsveränderung darstellen. Die Verkehrsverteilungsmodelle liefern als Ergebnis die Quell-Ziel-Ströme im Untersuchungsgebiet. Als Ergebnis ergibt sich eine quantitative Verflechtungsmatrix (Verkehrsstrommatrix) mit den Versand- und Empfangsorten von Personen und Gütern [Vah96, S. 1221].
3) Verkehrsaufteilung
Die Verkehrsaufteilung ist die dritte Stufe der Prognose. Sie beschreibt die prognostizierte Aufgliederung der Verkehrsströme auf die verschiedenen Verkehrsmittel im Personen- und Güterverkehr. Diese erfolgt an Hand von Modellen. Die Verkehrsmittelwahlmodelle benötigen gewisse sozioökonomische Strukturmerkmale als Eingangsgrößen, um die Aufteilung und die Veränderung des Modal Split vorherzusagen, z. B. Preise und Leistungseigenschaften der Verkehrsmittel [Vah96, S. 1215]. Der entscheidende Punkt bei der Modal Split-Prognose ist die Einbeziehung der für die Verkehrsmittelwahl relevanten Bestimmungsfaktoren. Wegen der Komplexität des individuellen Entscheidungsprozesses ist die realitätsnahe Modellierung der Verkehrsmittelwahl schwierig. Das Gebiet der Modal Split-Modelle gehört zu den am intensivsten bearbeiteten Bereichen der Verkehrsnachfrageforschung.
4) Verkehrsumlegung
Den vierten Schritt der Prognose bildet die Verkehrsumlegung ("Routenwahlmodelle"). Es wird untersucht, wie sich die Änderung der Verkehrsnachfrage auf konkrete Strecken auswirken wird. Ermittelt wird die Verkehrsbelastung der Elemente eines Verkehrsnetzes (Strecken, Knoten) bei gegebenen verkehrsmittelspezifischen Quelle-Ziel-Strömen zwischen den Verkehrszellen des Planungsraumes. Daraus kann die zukünftige Belastung des Straßennetzes und Eisenbahnschienennetzes bestimmt werden. Die Verkehrsumlegung bildet die Grundlage für die Dimensionierungsentscheidungen über die Strecken- und Knotenkapazität [Vah96, S. 1216].