Qualitätsindikatoren für den Radverkehr
Erstellt am: 29.03.2007 | Stand des Wissens: 11.05.2021
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH
Auf der Grundlage des Modellvorhabens "Mensch - Stadt - Verkehr - Umwelt. Kommunale Agenda 21 - Nachhaltige Mobilität." des Umweltbundesamtes wurde 2005 der Anwenderleitfaden [UBA05d] erarbeitet, in dem einige mögliche Leitlinien und Indikatoren festgehalten sind, die zur Beurteilung einer nachhaltigen Mobilität sinnvoll erscheinen. Dieser Leitfaden enthält auch Qualitätsziele und Indikatoren für den Radverkehr für die Bereiche Netz, Erreichbarkeit städtischer Ziele und Fahrradfreundliches Klima. Darüber hinaus gibt es für den Radverkehr keine allgemeingültigen Indikatoren zur Beurteilung der Radverkehrsqualität.
Statt durch objektive und messbare Qualitätsindikatoren wird die Qualität des Radverkehrs häufig durch subjektive Nutzerbefragungen erfasst. So stellt zum Beispiel. der Klimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) ein wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Qualität dar [ADFC20]. Obwohl es sich dabei um eine Umfrage mit wechselnden Personen handelt, aufgrund dessen eine direkte Vergleichbarkeit zwischen den bewerteten Städten nicht gegeben ist, kann der Test doch als ein guter Indikator für die Qualität genutzt werden, weil er die vom Nutzer tatsächlich empfundene und keine theoretische Radverkehrsqualität widerspiegelt.
In der Planungspraxis des Radverkehrs standen bisher die Sicherheit und ein angemessener Fahrkomfort im Vordergrund. Bevor eine Dimensionierung nach qualitativen Gesichtspunkten in Frage kommt, muss zunächst eine verkehrsmengenunabhängige Grundausstattung nach der Straßenverkehrsordnung [StVO] und den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen [ERA10] gewährleistet sein. Im Sinne einer nachhaltigen Radverkehrspolitik sollte jedoch zunehmend die Qualität von Radverkehrsanlagen berücksichtigt werden.
Im [HBS01] ist das Kapitel zum Radverkehr bisher noch nicht enthalten. Somit fehlt bisher eine Festlegung von maßgebliche Kriterien und Nachweisverfahren zur Qualitätsbeurteilung von Radverkehrsanlagen. Insgesamt gibt es bisher für den Radverkehr (fast) keine allgemein anerkannten Indikatoren, mit denen die Qualität des Radverkehrs beurteilt werden kann.
In den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen [ERA10] werden Hinweise für die Wirkungskontrolle und Qualitätssicherung von Radverkehrsanlagen gegeben.
Mit Hilfe des BYPAD-Verfahrens (Bicycle Policy Audit) werden Kommunen und Regionen in die Lage versetzt, ihre eigene Radverkehrspolitik zu evaluieren und Qualitätsziele zu entwickeln, um die Qualität der Radverkehrspolitik zu verbessern. Die Evaluation findet auf Basis eines Fragebogens mit geschlossenen Fragen (Anzahl variierend nach Untersuchungsraum) statt, welche von verschiedenen Akteursgruppen beantwortet werden müssen. Zu den einbezogenen Akteuren gehören Politiker, städtische Mitarbeiter und lokale Nutzergruppen. In einem ersten Treffen werden die Fragen mit den größten Abweichungen zwischen den einzelnen Antworten diskutiert. Das Ziel hierbei ist es, sich in einem Konsens auf eine Bewertung der Frage auf einer Skala von 0 bis 4 zu einigen. Die einzelnen Zahlen stehen hierbei für unterschiedliche Entwicklungsstufen der Radverkehrspolitik von "keiner Radverkehrsförderung" bis "integrierte Radverkehrsförderung". Basierend auf einem Konsens soll in einem zweiten Treffen ein Maßnahmenplan zur Verbesserung der Situation des Radverkehrs in der Stadt/Region entwickelt werden. Als wichtigstes Ergebnis der BYPAD-Verfahren wird von den meisten Städten/Regionen nicht der Plan selbst, sondern vielmehr die Initialisierung einer Diskussion aller beteiligter Gruppen an einem "Runden Tisch" angesehen. Durch eine turnusmäßige Wiederholung des Verfahrens kann zudem überprüft werden, ob sich die Qualität der Radverkehrspolitik verbessert hat [Lehn01]. Dabei ist jedoch stets die Subjektivität des Verfahrens zu beachten, die in den persönlichen Einstellungen des Auditors und vor allem der Evaluationsteilnehmer begründet ist. Die Methode ist bereits in vielen Städten mit positiver Resonanz angewendet worden.