Unterfinanzierung als Resultat der aktuellen ÖPNV-Finanzierung und deren Folgen
Erstellt am: 28.03.2007 | Stand des Wissens: 06.12.2022
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Bahnverkehr, öffentlicher Stadt- und Regionalverkehr, Prof. Dr.-Ing. R. König
Die Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland besteht im Wesentlichen aus zwei Säulen:
- Fahrgeldeinnahmen (Nutzerfinanzierung)
- Zuschüsse von Bund, Ländern und Kommunen (Haushaltsfinanzierung).
Der Kostendeckungsgrad und damit der Anteil der Nutzerfinanzierung hat sich in den letzten Jahren erhöht (2018 wurde ein Kostendeckungsgrad von 50 Prozent erreicht) [BREG21a] [BSN21a] [BREG16c], bevor 2020 durch die Corona-Pandemie ein Einbruch erfolgte [VDV21b]. Die jahrelange Zunahme ist vor allem auf die stark gestiegenen Fahrpreise (2000 bis 2018: +79 Prozent [DESTATIS18i]) zurückzuführen. Ein gesteigerter Kostendeckungsgrad ist einerseits positiv aus der Sicht der öffentlichen Kassen, andererseits kommt es dadurch zu einer langfristigen Unterfinanzierung des ÖPNV. In den Medien wurde der ÖPNV sogar als "kaputtgesparter Klimaretter" präsentiert [ARD19].
Die bisherige ÖPNV-Finanzierung hat nach übereinstimmender Beurteilung von Verbänden und Sachverständigen bereits zu einem signifikanten Substanzverlust der ÖPNV-Infrastruktur geführt. Auch der laufende Erhalt und Betrieb der Verkehrsinfrastruktur ist unterfinanziert. Um die klimapolitischen Ziele zu erreichen, ist darüber hinaus unter anderem ein massiver Ausbau des ÖPNV-Angebots erforderlich [Somm21].
Nicht selten kommt es vor, dass bei einer ÖPNV-Netzerweiterung zwar die Kosten für die Errichtung der Infrastruktur abgedeckt sind, die Finanzmittel für den eigentlichen Betrieb jedoch nicht mehr ausreichen.
Nicht selten kommt es vor, dass bei einer ÖPNV-Netzerweiterung zwar die Kosten für die Errichtung der Infrastruktur abgedeckt sind, die Finanzmittel für den eigentlichen Betrieb jedoch nicht mehr ausreichen.
Die sinkenden Schülerzahlen als Folge des demografischen Wandels verursachen vor allem in ländlichen Regionen weitere Einnahmeverluste im ÖPNV. Da das Angebot der Schülerverkehre aufrechterhalten werden muss, sind in der Regel keine betrieblichen Optimierungen oder Einsparungen möglich. Der Ausgleich der sinkenden Nachfrage durch eine Anhebung der Ticketpreise setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die wiederum in einen Rückgang der Fahrgastzahlen mündet.
Im Zuge der zurückliegenden Förderalismusreform wurden im Jahre 2006 die Aufgaben vor allem auf die Länder übertragen, was aus mehreren Gründen sinnvoll ist. Gleichwohl kommt im Rahmen der ÖPNV-Finanzierung auch dem Bund weiterhin eine besondere und wichtige Rolle zu. Auch in Zukunft wird der Bund sich bei der Finanzierung des ÖPNV stärker engagieren müssen [Somm21].