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Erstes Eisenbahnpaket der Europäischen Gemeinschaft und Recast

Erstellt am: 12.11.2002 | Stand des Wissens: 10.09.2022

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Volkswirtschaftslehre (ECON), Prof. Dr. Kay Mitusch
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics

Im Februar 2001 wurden die Richtlinien [91/440/EWG] und [95/18/EG] durch das sogenannte erste Eisenbahnpaket weiterentwickelt. Die Richtlinie [95/19/EG] wurde ersetzt. Das Paket besteht aus den Richtlinien [2001/12/EG], [2001/13 EG] und [2001/14/EG].

Die Richtlinie 2001/12/EG novellierte die Richtlinie 91/440/EWG. Um dem bereits dort niedergelegten Ziel der Vollendung des Binnenmarktes näherzukommen, wurden Zugangsrechte für den internationalen Schienengüterverkehr auf ein festgelegtes Netz von 50.000 Kilometern Länge (Transeuropäisches Schienengüternetz [TESGN]) ausgedehnt. Der Zugang zum TESGN impliziert auch den Zugangsanspruch zu den wichtigsten darin angesiedelten Terminals und Häfen. Ab dem 15. März 2008 wurde der Zugangsanspruch für den internationalen Gütertransport auf das gesamte europäische Schienennetz ausgeweitet. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union weiterhin, die Gewalt über Funktionen wie Kapazitätszuweisung und Lizenzierung auf eine vom Betreiber der Infrastruktur unabhängige Stelle zu übertragen. Darüber hinaus werden Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Förderung einer effizienten Leistungserbringung und zur Gewährleistung transparenter Finanzen zur getrennten Rechnungsführung für Personen- und Güterverkehrsleistungen verpflichtet.

Die Richtlinie 2001/13/EG modifiziert die Richtlinie 95/18/EG hinsichtlich der Lizenzbedingungen für Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), um Güterverkehre auf dem TESGN zu fahren. Die Richtlinie setzt finanzielle, ökonomische und sicherheitstechnische Rahmenbedingungen, die von den EVU erfüllt werden müssen, um eine Lizenz zu erhalten. Die Lizenzbehörde vergibt Lizenzen, die in der gesamten Europäischen Union gültig sind, und verständigt die Europäische Kommission zwecks Veröffentlichung. Zusätzlich zur Lizenz ist eine Zuteilung von Streckenkapazität (Trassen) erforderlich.

Regelungsgegenstand der Richtlinie 2001/14/EG bildet die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn sowie die Erhebung von Wegeentgelten. Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2001/14/EG wurde die Richtlinie 95/19/EG außer Kraft gesetzt. Die Richtlinie sieht vor, dass der Infrastrukturmanager eine Netzbeschreibung entwickelt und veröffentlicht. Diese soll Informationen bezüglich der technischen Beschaffenheiten und Beschränkungen im Netz sowie der Zugangsbedingungen und Regeln für die Kapazitätszuteilung, der Tarifstruktur und der Behandlung von Konfliktfällen bei der Trassennachfrage enthalten. Ferner sind Analysen der Netzkapazitäten aufzustellen, um Engpässe zu identifizieren und gegebenenfalls Pläne zur Erweiterung der Kapazitäten zu entwickeln.
Nach einer schleppenden Umsetzung des ersten Eisenbahnpakets wurde im November 2012 mit einer weiteren Richtlinie [2012/34/EU] eine Direktive erlassen, die die Richtlinien 91/440/EWG, 95/18/EG und 2001/14/EU ersetzt. Im Zuge dieser Richtlinie wurden die Entgeltregelungen, der Zugang zu Schienen- und Serviceeinrichtungen sowie die Befugnisse der Regulierungsbehörden neu geregelt. Die Richtlinie 2012/34/EG sollte bis zum 16. Juni 2015 von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt werden.

Nachdem der Regierungsentwurf im deutschen Bundesrat am 5. Juli 2013 gescheitert war [DVV14], wurde Anfang des Jahres 2016 ein neuer Gesetzesentwurf vorbereitet. Dieser Entwurf trat in Form des Eisenbahnregulierungsgesetzes (EREgG) zum 2. September 2016 in Kraft.
Ansprechperson
M-Five GmbH Mobility, Futures, Innovation, Economics
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Bahnreform (Stand des Wissens: 10.09.2022)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?301385
Literatur
[DVV14] DVV Media Group GmbH (Hrsg.) Eisenbahnregulierung: BMVI kündigt neues Gesetz an , DVV Media Group GmbH | Eurailpress, Hamburg, 2014/02/14
Rechtsvorschriften
[2001/12/EG] Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft
[2001/13 EG] Richtlinie 2001/13/EG
[2001/14/EG] Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die [...] Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung
[2012/34/EU] Richtlinie 2012/34/EU [...] zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (Neufassung)
[91/440/EWG] Richtlinie [...] zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (91/440/EWG)
[95/18/EG] Richtlinie 95/18/EG [...] über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen
[95/19/EG] Richtlinie 95/19/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Berechnung von Wegeentgelten (95/19/EG)
[EREgG] Eisenbahnregulierungsgesetz
Glossar
Schienengüterverkehr
Unter Schienengüterverkehr (SGV) wird der Transport von Gütern mit der Eisenbahn verstanden. Diese werden in Güterzügen unter Verwendung (spezieller) Güterwagen befördert. Diese Verkehre können entweder auf gesonderten Güterverkehrsstrecken oder im Mischverkehr, auf gemeinsam durch den Güter- und Personenverkehr genutzten Strecken, realisiert werden. Leistungen des Schienengüterverkehrs werden häufig als Teil einer Logistikkette in logistische Gesamtkonzepte eingebunden.
Eisenbahnpaket Bei den Eisenbahnpaketen (eng. railway packages) handelt es sich um eine Zusammenfassung von Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union, die sich u. a. mit dem Zugang zum Schienengüterverkehrsnetz, der Liberalisierung des Güterverkehrs sowie mit Fahrgastrechten befassen. Bisher wurden vier Eisenbahnpakete erlassen, von denen das erste im Jahr 2001 verabschiedet wurde und das vierte im Januar 2013.
EVU Eisenbahnverkehrsunternehmen
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.
Eisenbahnverkehrsunternehmen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) sind öffentliche Einrichtungen oder privatrechtlich organisierte Unternehmen, die Eisenbahnverkehrsleistungen erbringen. "Eisenbahnverkehrsunternehmen" stellt einen europarechtlichen Begriff dar, welcher durch nationales Recht in Form von § 2 (1) des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) konkretisiert wird.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?19618

Gedruckt am Samstag, 22. Februar 2025 22:23:28