Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zur sicheren Verkehrsteilnahme
Erstellt am: 31.05.2006 | Stand des Wissens: 01.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Kinder und Jugendliche sind in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung noch nicht so fortgeschritten, wie Erwachsene. Vor allem im Straßenverkehr können diese Unterschiede große Auswirkungen haben, da junge Verkehrsteilnehmer sich mit ihrem Fehlverhalten in Gefahr begeben. Wenn die Unfallzahlen betreffend dieser Altersgruppe reduziert werden sollen, ist es wichtig, Kenntnisse über die Fähigkeiten und Fehlverhalten von Kindern und Jugendlichen zu besitzen, um diese in beispielsweise Planungen von Verkehrsanlagen zu berücksichtigen.
Im Jahr 2021 wurden bei Straßenverkehrsunfällen mit Personenschaden 2.329 Fehlverhalten von Fußgängern und 6.044 falsche Verhaltensweisen von Radfahrern im Alter von sechs bis 14 Jahren registriert [Stat23a, S. 12]. Die Fehlverhalten unterscheiden sind dabei zwischen Fußgängern und Radfahrern:
bei Fußgängern im Alter von 6 bis unter 15 Jahren [Stat23a, S. 12, Abbildung 7]:
- Überschreiten der Fahrbahn, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten (53 Prozent)
- Überschreiten der Fahrbahn durch plötzliches Hervortreten hinter Sichthindernissen (31 Prozent)
- übrige Fehler beim Überschreiten der Fahrbahn (15 Prozent)
- Spielen auf oder neben der Fahrbahn (3 Prozent)
- sonstige Fehler (12 Prozent)
bei Radfahrern im Alter von 6 bis unter 15 Jahren [Stat23a, S. 12, Abbildung 8]:
- falsche Straßenbenutzung (18 Prozent)
- Fehler beim Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren (16 Prozent)
- Vorfahrt, Vorrang (10 Prozent)
- Geschwindigkeit (7 Prozent)
- Abstand (4 Prozent)
- falsches Verhalten gegenüber Fußgängern (1 Prozent)
- Überholen (2 Prozent)
- Sonstige (41 Prozent)
Eine sichere Verkehrsteilnahme setzt bestimmte Fähigkeiten voraus, die sich bei Kindern erst mit etwa 14 Jahren vollständig entwickelt haben [Funk02a, S. 28]. Die notwendigen Fähigkeiten werden in unterschiedlichen Altersstufen entwickelt, welche in der Abbildung 1 zu entnehmen sind. Die Altersangaben sind als grobe Richtwerte anzusehen, da sie individuell unterschiedlich sein können und zudem von den Erfahrungen abhängen, die ein Kind im Straßenverkehr machen darf [Limb97a, S. 3]. Von Gesundheitsämtern und Sportlehrern wird häufig besonders auf die mangelhaften motorischen Fähigkeiten von Kindern hingewiesen. Diese Mängel werden auf Bewegungsmangel aufgrund des Rückgangs von Mobilität im Allgemeinen und selbstständiger Mobilität im Speziellen, die mit einer Zunahme der motorisierten Begleitmobilität einhergeht, zurückgeführt [Limb97a, S. 6]. Besondere Aufmerksamkeit bekommt in den letzten Jahren das Elterntaxi, welches in immer mehr Schulen zum Problem wird. Die Eigenständigkeit und Sicherheit der Kinder im Straßenverkehr wird hierbei besonders stark eingeschränkt [ADAC18c].
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Von einem sicheren Umgang mit den verschiedenen Verkehrsmitteln kann erst ab den in Abbildung 2 genannten Altersstufen ausgegangen werden. Allerdings muss beachtet werden, dass neben den entwicklungsphasenspezifischen Fähigkeiten besonders selbstständig gesammelte Erfahrungen und Trainingsmethoden bestimmende Einflussfaktoren der Verkehrssicherheit sind. Praktische Trainingsmethoden, die auf den sozialen Kontext des Lernens Bezug nehmen, sind die Zusammenarbeit von Gleichaltrigen, Belehrung beziehungsweise Beratung durch Gleichaltrige und Verhaltenstraining mit Eltern [Funk04, S. 68; Thom95, S. 8 f.].
Es ist belegt, dass Kinder, die häufiger Fahrrad fahren und dadurch darin geübter sind, auch bereits mit 7 bis 8 Jahren "komplexere fahrradspezifische Leistungen erbringen können" [BaBu93, S. 103]. Eine weitere Untersuchung zeigt, dass ein rein motorisches Radfahrtraining nicht ausreichend ist, um signifikante Leistungssteigerungen beim Radfahren herbeizuführen. Erst die Kombination mit psychomotorischen Übungen, also Bewegungsanreize durch Bewegungsspiele und Wahrnehmungsförderung sowie spezielle Bewegungserfahrungen mit Roll- und Fahrgeräten, ermöglicht eine Leistungssteigerung [Jack97, S. 67 ff.].
Es ist belegt, dass Kinder, die häufiger Fahrrad fahren und dadurch darin geübter sind, auch bereits mit 7 bis 8 Jahren "komplexere fahrradspezifische Leistungen erbringen können" [BaBu93, S. 103]. Eine weitere Untersuchung zeigt, dass ein rein motorisches Radfahrtraining nicht ausreichend ist, um signifikante Leistungssteigerungen beim Radfahren herbeizuführen. Erst die Kombination mit psychomotorischen Übungen, also Bewegungsanreize durch Bewegungsspiele und Wahrnehmungsförderung sowie spezielle Bewegungserfahrungen mit Roll- und Fahrgeräten, ermöglicht eine Leistungssteigerung [Jack97, S. 67 ff.].
Diese Erkenntnisse führen zu dem Schluss, dass ein frühes Heranführen der Kinder an den Straßenverkehr sowie an Rad und Öffentlichen Verkehr (ÖV) zu einer besseren Entwicklung dieser Fähigkeiten führt. Es ist unbedingt notwendig, dass diese rechtzeitig und umfänglich entwickelt werden, da diese einen großen Einfluss auf die Verkehrssicherheit von Heute und Morgen haben. Letzten Endes haben Erwachsene und Eltern eine Vorbildfunktion, an der sich Kinder stark orientieren [DVSR14].
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Abbildung 2: Sicherer Umgang mit verschiedenen Verkehrsmitteln [Limb97a, S. 6]