Verkehrssicherheit von Kindern und Jugendlichen
Erstellt am: 31.05.2006 | Stand des Wissens: 01.11.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die Verkehrssicherheit ist eine wesentliche Voraussetzung zur Gewährleistung und Förderung der (eigenständigen) Mobilität von Kindern und Jugendlichen. Dabei ist zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit zu unterscheiden. Erstere spiegelt sich in den Statistiken zum Unfallgeschehen wider.
Die Anzahl der im Straßenverkehr verunglückten Kinder unter 15 Jahren ist in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen. Im Jahr 2000 verunglückten in Deutschland etwa 38 Prozent mehr Kinder wie im Jahr 2019. Das Risiko, als Kind im Straßenverkehr getötet zu werden, war im Jahr 2000 ungefähr viermal so hoch wie im Jahr 2019. Trotz der deutlichen Verbesserung über die vergangenen Jahrzehnte, sank die Anzahl der verunglückten Kinder in den letzten Jahren nur noch geringfügig von 2011 auf 2019 um 9,5 Prozent. 2019 verunglückten 4,1 Prozent weniger Kinder als noch 2018. Es ist somit äußerst wichtig, trotz der tendenziell rückläufigen Entwicklung der Unfallzahlen von Kindern und Jugendlichen, weiterhin an einem Rückgang der immer noch zu hohen Unfallzahlen zu arbeiten. Im Jahr 2021 verunglückten in Deutschland 22.272 Kinder unter 15 Jahren, darunter 49 tödlich (siehe Abbildung 1 und Abbildung 2). Im Vergleich zu anderen Ländern der Europäischen Union, liegt Deutschland betreffend der im Straßenverkehr getöteten Kinder unter 15 Jahren nur im Mittelfeld. [Stat23a]
Die meisten Kinder verunglücken 2021 mit einem Anteil von 38 Prozent als Radfahrende. Insassen eines Pkw verunglücken mit einem Anteil von 33,2 Prozent ähnlich häufig. 21,3 Prozent der verunglückten Kinder waren zu Fuß unterwegs [Stat23a]. Generell steigt das Risiko, im Straßenverkehr zu verunglücken mit zunehmenden Alter.
![Abbildung 1: Verunglückte Kinder unter 15 Jahren bei Straßenverkehrsunfällen [Eintrag-Id:514260, S. 36] Verunglueckte_Kinder_2021.png](/servlet/is/195072/Verunglueckte_Kinder_2021.png)
![Abbildung 2: Getötete Kinder unter 15 Jahren bei Straßenverkehrsunfällen [Eintrag-Id:514260, S. 37] Getoetete_Kinder_2021.png](/servlet/is/195072/Getoetete_Kinder_2021.png)
- Die subjektive Verkehrssicherheit, also die persönliche Einschätzung des Risikos einen Unfall zu erleiden, ist schwieriger zu erfassen. In Bezug auf Kinder und Jugendliche werden in den letzten Jahren Defizite im Rückgang der eigenständigen Mobilität deutlich. Eltern führen häufiger Hol- und Bringdienste aus, um ihre Kinder vor den "Gefahren" des Straßenverkehrs zu schützen [Limb97a, S. 6]. Die Fähigkeiten zur sicheren Verkehrsteilnahme entwickeln sich erst mit der körperlichen und geistigen Reife sowie und durch eigene Erfahrungen [Funk02a, S. 28, Limb97a, S. 3]. Daher führen Sicherheitsbedenken der Eltern in Form von Bringdiensten und ähnlichen begleiteten Wegen paradoxerweise zu Verzögerungen und Defiziten in der Entwicklung dieser Fähigkeiten bei ihren Kindern, womit die Unfallgefährdung junger Menschen steigt. Um dem entgegenzuwirken, ist eine objektiv und subjektiv sichere Gestaltung des Verkehrsraums genauso wichtig, wie das Umdenken besorgter Eltern betreffend der Selbstständigkeit ihrer Kinder im Straßenverkehr. [ADAC18c]
Bereits in jungen Jahren muss bei Kindern der Grundstein für die eigenständige und sichere Mobilität gelegt werden. Dazu werden verschiedene Programme und Maßnahmen durchgeführt. Ein besonderes Gewicht wird in der Verkehrssicherheitsarbeit auf die schulische Verkehrserziehung gelegt, die sich mehr und mehr durch eine Berücksichtigung von sozial-, umwelt- und gesundheitserzieherischen Aspekten zu einer Mobilitätserziehung entwickelt. Es gilt, diese Erziehung zu erhalten und zu erweitern, um die heranwachsenden Generationen auf die Mobilitätsherausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Ursachen für Unfälle mit Kindern liegen zum Teil [Limb97a, S. 29; ADAC15c] beim Kind, da die Fähigkeiten zur sicheren Verkehrsteilnahme erst mit dem Lebensalter entwickelt werden müssen, beziehungsweise die Entwicklung durch beispielswiese besorgte Eltern gehemmt ist, bei Autofahrer*innen, da sie zu wenig auf kindliche Verhaltensweisen eingehen und zu wenig auf Kinder Acht geben und bei der Verkehrsplanung, da durch ungünstige Maßnahmen Kinderunfälle begünstigt werden können.
Um letztlich die Verkehrssicherheit von Kindern und Jugendlichen nachhaltig zu verbessern, muss auch in Zukunft an den genannten Punkten gearbeitet werden, da die Herausforderungen aufgrund von beispielsweise steigender Verkehrsbelastung in den nächsten Jahren noch größer werden.