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Rail&Fly der Deutschen Bahn AG und ausgewählter Airlines

Erstellt am: 10.11.2005 | Stand des Wissens: 15.07.2019
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TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Im Jahr 1994 wurde von der Deutschen Bahn AG das Angebot Rail&Fly eingeführt. Dabei handelt es sich um eine bilaterale Kooperation zwischen der DB AG und 54 Fluggesellschaften sowie 79 Reiseveranstaltern [DBAG18i, DBAG18j]. Rail&Fly bietet den DB-Partnern die Möglichkeit, ihre Fluggäste innerhalb Deutschlands weiter zu befördern, ohne auf die Kooperation (so genannte Interlining-Vereinbarungen) mit anderen innerdeutsch operierenden Airlines (insbesondere Lufthansa) angewiesen zu sein. Dies ist vor allem für Fluggesellschaften interessant, die in Deutschland keine Streckenrechte besitzen/keine innerdeutschen Flüge anbieten und nicht dem von Lufthansa angeführten Star Alliance-Verbund angehören. Das Produkt kann nicht vom Endkunden separat oder nachträglich an den Verkaufsstellen der DB AG erworben werden, sondern muss bei der Buchung der Reise beim Reisebüro / -veranstalter mitgebucht werden. Alle Informationen zu Rail&Fly erhalten Reisende nur bei ihrer Airline und ihrem Reiseveranstalter.

Rail&Fly ermöglicht es den Airlines, Zu- beziehungsweise Abbringerstrecken innerhalb Deutschlands im Anschluss / im Voraus eines internationalen Fluges in das Flugticket zu integrieren. Die Airlines erwerben Bahntickets zu einem Festpreis, wobei bei hoher Abnahme Mengenrabatte gewährt werden. Diesen Bahnfahrtkupon fügen die Airlines den eigenen Tickets bei, wobei es in ihrem Ermessen liegt, inwieweit sie die Kunden an den Kosten der Bahnfahrt beteiligen [Meye02c, S. 279].

Die Rail&Fly-Flugticketergänzung beinhaltet die Bahnreise
  • von/zu jedem der über 5.600 deutschen Bahnhöfe inklusive den Grenzbahnhöfen Basel und Salzburg,
  • von/zu jedem der 17 deutschen Flughäfen sowie den Flughäfen Basel und Salzburg, auf dem gesamten DB-Streckennetz (circa 33.000 Schienenkilometer) [DBAG17j],
  • in allen Zügen der DB inklusive (IC-Bus) außer Sonderzügen.
Rail&Fly-Kupons gelten am Tag vor dem Abflugtag, am Abflugtag, am Tag der Ankunft in Deutschland und am Tag danach. Außerdem sind sie ohne Zugbindung gültig, was bedeutet, dass die Verbindung individuell gewählt werden kann. Allerdings ist es nur auf der verkehrsüblichen Strecke zum Zielbahnhof gültig. Die nutzbaren Züge tragen keine Flugnummern, weshalb sie nicht in den Computerreservierungssystemen des Luftverkehrs geführt werden. Ein Sitzplatz ist daher nicht garantiert, kann aber gegen das übliche Entgelt vom Reisenden zusätzlich reserviert werden.

Die Airlines übernehmen mit dieser Art der Kooperation kein Auslastungsrisiko für die Schienenverkehrsbeförderung. Sie zahlen nur für tatsächlich in Anspruch genommene Fahrten, deren Abrechnung über das Einsammeln der entsprechenden Ticketabschnitte in den Zügen erfolgt.

Da hinsichtlich Gepäckbeförderung und Check-in-Prozess keine Schnittstellen zwischen der Bahn und den Luftverkehrsgesellschaften existieren, handelt es sich letztlich um ein reines Bahnprodukt, welches über die Luftverkehrsgesellschaften gemeinsam mit einem Flug vertrieben wird. Dies hat dazu geführt, dass die Finanzämter 2003 rückwirkend für die vergangenen fünf Jahre die Mehrwertsteuer von 16 Prozent auf den Bahnanteil der kombinierten Bahn-Flug-Tickets von der DB AG gefordert haben [SZ2002]. Ähnliche Probleme zeigen sich auch in anderen Staaten sowie bei grenzüberschreitenden Schienenverkehrsangeboten [EUKOM04k, S. 10].

Die eindeutige Trennung zwischen den Produkten hat aber auch zur Folge, dass die Bahn bei Zugverspätungen keine Haftung für eventuell verpasste Flüge übernimmt. Dieser fehlende Anspruch auf Schadensersatz wurde unter anderem vom Landgericht Essen bestätigt [SPIE04; EiKn04, S. 4 f.].
Wer das Angebot Rail&Fly buchen wollte, benötigte hierfür bis 2008 immer einen Papier-Flugschein. Seit 2008 gibt es das Bahn-Ergänzungsticket auch für E-Tickets. Die Flugscheine mit Rail&Fly-Komponente können seit 2008 auch elektronisch ausgestellt werden.

Ansprechpartner
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Literatur
[DBAG17j] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Transferverbindungen zum/vom Flughafen , 2017/07
[DBAG18i] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Rail&Fly - Unsere Partner-Airlines, 2018/06
[DBAG18j] Deutsche Bahn AG Konzern (Hrsg.) Rail&Fly - Unsere Partner-Reiseveranstalter, 2018/11
[EiKn04] Andreas Eichinger, , Andreas Knorr Potential and Limitations of Air-rail Links - a General Overview, 2004, ISBN/ISSN 0948-3837
[EUKOM04k] Europäische Kommission Generaldirektion Energie und Verkehr Rail Air Intermodality Facilitation Forum, 2004
[Meye02c] Carsten Emil Meyer Fernbahnhöfe an Flughäfen, 2002/11/02, ISBN/ISSN 3-89936-115-6
[SPIE04] o. A. Bei verpasstem Flug muss Bahn nicht zahlen, veröffentlicht in Spiegel, 2004/04/23
[SZ2002] o. A. Kein schöner Zug, veröffentlicht in Süddeutsche Zeitung, 2002/05/07
Glossar
Interlining Interlining findet statt, wenn ein Passagier mit einem Flugschein auf einer Flugreise von zwei oder mehr Luftfahrtunternehmen befördert wird. Auf Basis dieses Systems können Reisende die Dienste verschiedener Unternehmen kombinieren und eine Flugreise mit mehreren Gesellschaften nahtlos verbinden: Beim Umsteigen können sie ihre Flugreise fortsetzen, ohne ihr Gepäck in Empfang zu nehmen und wieder einchecken zu müssen, da das Gepäck automatisch an den Zielort befördert wird. Das Interliningsystem der IATA ist eines von vier bestehenden Systemen, die drei anderen sind weltweite Luftfahrtallianzen, Code-Sharing-Vereinbarungen und bilaterale Interliningvereinbarungen. Das IATA-Interlining erfolgt zu Preisen, die in den IATA-Tarifkonferenzen von allen beteiligten Luftfahrtunternehmen gemeinsam vereinbart werden. Die Beteiligung am IATA-Interline-System ist weltweit rückgängig.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?176434

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