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Relevante Akteure beim Ausbau und Erhalt von Binnenwasserstraßen

Erstellt am: 25.11.2004 | Stand des Wissens: 20.02.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig

Eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure ist an den Maßnahmen zum Ausbau und Erhalt von Binnenwasserstraßen beteiligt. Grundsätzlich ist der Bund als Eigentümer der Bundeswasserstraßen für deren Ausbau und Erhalt verantwortlich. Grundlage hierfür ist der Bundesverkehrswegeplan (BVWP), der vom Bundesverkehrsministerium aufgestellt und vom Bundeskabinett beschlossen wird. Die Bundesländer können Bundeswasserstraßenprojekte lediglich zum Bundesverkehrswegeplan anmelden und diese später finanziell unterstützen. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) kann als nachgeordnete Behörde des Bundesverkehrsministeriums Bundeswasserstraßenprojekte anmelden und ist zusammen mit dem Ministerium für die Projektentwicklung zuständig [BMVI16ah]. Die Europäische Union (EU) unterstützt Projekte zum Ausbau und Erhalt von Binnenwasserstraßen durch finanzielle Fördermaßnahmen und durch das Einbringen eigener Planungsperspektiven über die Leitlinien des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V).

Die EU, der Bund, die Länder und die Verwaltung haben oftmals unterschiedliche, teilweise konkurrierende Interessen im Hinblick auf den Ausbau und Erhalt von Binnenwasserstraßen. Beispielsweise begann das Bundesverkehrsministerium im Jahr 2013 mit einer grundlegenden Reform der WSV. Im Zuge der Reform wurde entschieden, die ohnehin knappen Investitionsmittel für den Ausbau und Erhalt der Binnenwasserstraßen stärker als bisher auf besonders verkehrsaufkommensstarke Wasserstraßen zu konzentrieren. Weniger stark befahrene Wasserstraßen sollten hingegen auf ihrem damaligen Ausbaustand erhalten werden [BDB14]. Diese Ausrichtung für den Ausbau und Erhalt der Binnenwasserstraßen besteht noch heute. Ausbauarbeiten im Rheingebiet, wie die Vergrößerung der Fahrrinnentiefe am Mittelrhein, welche die Abladetiefe um 20 Zentimeter erhöht und im BVWP 2030 an erster Stelle im Hinblick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis steht, sind mit den gegebenen Mitteln in absehbarer Zeit nicht realisierbar [BDB22, BMVI16ah]. Das größte Problem dabei sind die Kosten und mangelnden Finanzierungsmittel. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage räumte die Bundesregierung im Juli 2022 ein, dass nahezu alle Flussbauvorhaben, die im Jahr 2016 beschlossen wurden, die Planungsphase bisher nicht verlassen haben, die Fahrrinnenverbesserung am Niederrhein befindet sich beispielsweise seit neun Jahren in der Planung [BDB22].

Der Hauptkonfliktpunkt zwischen den Akteuren besteht somit in der Allokation der Investitionsmittel. Wohingegen die EU im Rahmen des TEN-V Ausbauprojekte fördert und unterstützt, wird im BVWP des Bundesverkehrsministeriums der Binnenschifffahrt der geringste Anteil der Investitionsmittel zugewiesen, was dazu führt, dass die WSV nicht über die nötigen Mittel verfügt, um größere Ausbauprojekte durchzuführen beziehungsweise fertigzustellen.
Ansprechpartner
Technische Universität Hamburg, Institut für Verkehrsplanung und Logistik, Prof. Dr.-Ing. H. Flämig
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Binnenwasserstraßen (Stand des Wissens: 20.02.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?303052
Literatur
[BDB14] Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (Hrsg.) Binnenschifffahrts Report, Ausgabe/Auflage 02, 2011/05
[BDB22] Bundesverband der Deutschen Bundesschifffahrt e.V. (Hrsg.) BDB Report 03/2022, 2022/10
[BMVI16ah] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) Bundesverkehrswegeplan 2030, 2016
Rechtsvorschriften
[WSVZuAnpG] WSV-Zuständigkeitsanpassungsgesetz
Glossar
Bundesverkehrswegeplan
Als Instrument einer mittel- bis langfristigen Investitionsrahmenplanung für den Erhalt und Ersatz bundeseigener Verkehrsinfrastruktur erfasst der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) das zwecks zielgerichteter Ausgestaltung sowie Erweiterung von Bundesfernstraßen, Bundeswasserstraßen und Schienenwegen des Bundes erforderliche Finanzierungsvolumen. Auf Basis verkehrsträgerübergreifender Prognosen findet in diesem Zusammenhang eine Priorisierung vorgesehener Neu- und Ausbauprojekte gemäß ihrer gesamtwirtschaftlichen Bewertung sowie ökologischer und raumordnerischer Einschätzungen statt. Grundsätzlich wird infolgedessen zwischen "vordinglichem Bedarf" (VB) und "weiterem Bedarf" (WB) unterschieden.

Der BVWP tritt auf Beschluss des Bundeskabinetts in Kraft und umfasst jeweils einen Zeithorizont von circa zehn bis 15 Jahren. Seit 1973 sind bereits sechs konsekutive Verkehrswegepläne verabschiedet worden. Der letzten, dem Jahr 2016 entstammenden Fortschreibung liegt ein Planungszeitraum bis 2030 und ein Investitionsvolumen in Höhe von 269,6 Milliarden Euro zugrunde, siehe auch gesonderte Wissenslandkarte "Bundesverkehrswegeplanung" hier im Forschungsinformationssystem.
Trans-European Transport Network Das Trans-European Transport Network, TEN-T (dt. Transeuropäisches Verkehrsnetz, kurz TEN-V) ist ein Teilnetz der sog. Trans-European Networks, TEN (dt. Transeuropäische Netze, kurz TEN). Zu diesen zählen neben den Verkehrsnetzen bspw. auch Netzwerke der Telekommunikation oder der Energieversorgung.
BMDV
Bundesministerium für Digitales und Verkehr (bis 10/2005 BMVBW, bis 12/2013 BMVBS und bis 11/2021 BMVI)

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?123349

Gedruckt am Samstag, 20. April 2024 09:22:11