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Technische Rahmenbedingungen des Verkehrsmanagements

Erstellt am: 28.10.2004 | Stand des Wissens: 28.10.2024

Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky

Der Einsatz technischer Systeme im Rahmen des Verkehrsmanagements findet auf unterschiedlichen Ebenen statt und dient der Bewältigung der vier Aufgabenbereiche
  • Erfassung und Aufbereitung
  • Übertragung
  • Verarbeitung
  • Präsentation
von Kenngrößen, Signalen, Daten und Informationen. Die Ebenen werden von [BuHo04] unterschieden in die
  • Feldebene, auf der die Kenngrößen des Verkehrs mittels geeigneter Sensoren ermittelt werden,
  • Stationsebene, auf der die Daten mehrerer Sensoren gesammelt und verarbeitet, gegebenenfalls auch Steuerbefehle generiert werden,
  • Zentralenebene, auf der die aggregierten Daten aus mehreren Stationen weiterverarbeitet werden, wobei Verkehrszustände rekonstruiert oder prognostiziert, Störungen detektiert, Verkehrslageberichte erzeugt oder Steuerbefehle und Routing-Empfehlungen abgeleitet werden können und die
  • Endgeräteebene, welche eine Individualisierung von Verkehrsinformationen ermöglicht.

Bei der Erfassung des Verkehrsablaufs im Straßenverkehr sind insbesondere Verkehrskenngrößen wie Verkehrsstärke, Belegungszustand sowie mittlere Geschwindigkeit relevant. Lokale Erhebungen finden mittels Induktionsschleifen, Infrarotdetektoren oder anderen punktuell installierten Sensoren statt. Bei der streckenbezogenen Erfassung finden Video- oder Infrarotkameras, Radar oder Laserscanner Anwendung. Bei ausreichender Geräteausstattung der Fahrzeugflotte können auch über die Floating-Car-Data- oder Floating-Phone-Data-Methode geeignete Daten über Geschwindigkeit und Verkehrsdichte im Netz erzeugt werden [SaRie14].

Beim Betrieb im öffentlichen Verkehr (ÖV) sind die aktuelle Fahrzeugposition und die Fahrzeugauslastung die maßgeblichen Kenngrößen für die Beurteilung des Verkehrsablaufs. Zur Erfassung der Fahrzeugposition ist neben dem Einsatz konventioneller Systeme (elektromechanische, induktive und Baken-Systeme zur punktuellen Ortung, durch zusätzliche Wegzähler ist die tatsächliche Position im Linienbetrieb ermittelbar) auch eine Satelliten-Ortung mittels GPS oder eine mobilfunkbasierte Ortung möglich [VDV01b, RaWe11]. Die automatische Fahrgastzählung in den Fahrzeugen erfolgt mittels unterschiedlicher Methoden, zum Beispiel durch Trittmatten, Lichtschranken oder Infrarotsysteme [VDV01b, BMVBW01ad, RaWe11, Kies13].

Um technisch sicherzustellen, dass die auf verschiedenen Ebenen (Bund, Land, Stadt) erfassten Daten optimal genutzt werden können, wurde vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Projekt "mobilithek" eine zentrale Datenplattform erarbeitet, die deutschlandweit eine Vernetzung der Systeme zuständigkeitsübergreifend erleichtern soll [BMDV23r]. Auf dieser Plattform sollen perspektivisch alle Deutschlandweit erhobenen Verkehrsdaten aggregiert werden. Standardisierte Schnittstellen ermöglichen die Bereitstellung und Nutzung der (dynamischen) Daten. Auch auf europäischer Ebene erfolgen seit Jahren Anstrengungen, technische Rahmenbedingungen (Inhalte, Schnittstellen und anderes) gemeinsam zu standardisieren. Die 2021 angepasste Richtlinie 2010/40/EU [EU 2010/40], gibt den europäischen rechtlichen Rahmen für Intelligente Verkehrssysteme vor.
Ansprechperson
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Sicherung der Mobilität durch Verkehrsmanagement (Stand des Wissens: 22.10.2024)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?33546
Literatur
[BMDV23r] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (Hrsg.) Faktenblatt Mobilithek, 2023/06/28
[BMVBW01ad] Beratungsgesellschaft für Leit-, Informations- + Computertechnik mbH, Institut für Bahntechnik GmbH, Janecke, Jörn, Weber, Stefan, Nuszkiewicz, Andrzej, Busse, Jürgen Strategie für eine verkehrsmittelübergreifende Fahrgastlenkung im ÖPNV mit Hilfe vernetzter dynamischer Fahrgastinformation in Ballungsräumen, 2001/05
[BuHo04] Reupke, Hartmut, Dipl.-Ing., Busch, Fritz, Univ.-Prof. Dr.-Ing., Hoyer, Robert, Dr.-Ing., Keller, Hartmut, Prof. Dr./UCB, Zackor, Heinz, Prof. Dr.-Ing. Telematikanwendungen im Straßenverkehr - Stand und Perspektiven, veröffentlicht in Straßenverkehrstechnik, Ausgabe/Auflage 06/2004 (Teil 1), 07/2004 (Teil 2), Kirschbaum Verlag Bonn-Bad Godesberg, 2004, ISBN/ISSN 0039-2219
[Kies13] Wolfgang Kieslich, Hanfried Albrecht, Alexander Dinkel, Tobias Henninger, Dr.-Ing. Martian Rose, Michael Weber Entwicklung einer ÖV-IVS-Rahmenarchitektur in Deutschland unter Einbindung Europäischer IVS-Richtlinien mit ÖV-Relevanz, 2014/03
[RaWe11] Berthold Radermacher, Andreas Wehrmann VDV-Mittteilung 3001: "Kommunikation im ÖV (IP-KOM-ÖV) - Technische Anforderungen für Anwendungen im Integrierten Bordinformationssystem (IBIS)", 2011/11
[SaRie14] Sandrock, M., Riegelhuth, G. Verkehrsmanagementzentralen in Kommunen - Eine vergleichende Darstellung, Springer Fachmedien Wiesbaden, 2014, ISBN/ISSN 978-3-658-04390-2
[VDV01b] Verband Deutscher Verkehrsunternehmen Telematik im ÖPNV in Deutschland / Telematics in Public Transport in Germany, Alba Fachverlag, Postfach 110150, Düsseldorf, 2001, ISBN/ISSN 3-87094-648-2
Rechtsvorschriften
[EU 2010/40] EU-Richtlinie 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
ITS Intelligent Transportation Systems (ITS) ist der Oberbegriff für Transportsysteme, die Informations- und Kommunikationstechnologie zur Unterstützung des Betriebes einsetzen. ITS-Funktionen unterstützen den Fahrer eines Transportmittels, sie sind damit deutlich von automatischen Transportsystemen zu differenzieren, die auf einen fahrerlosen Betrieb abstellen. Die wichtigsten neuen und zum Teil noch in Entwicklung befindlichen Anwendungsfelder zielen auf (1) Verkehrs- und Transportmanagement (Verkehrsinformationen, Verkehrslenkung, Verkehrs- und Parkleitsysteme, automatische Unfallmeldungen, Meldesysteme zum Gefahrgutmonitoring); (2) Elektronische Systeme zur Gebührenerhebung; (3) Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel (dynamische Fahrgastinformationen, Reservierung, spezifische Informationssysteme für Fahrradfahrer und Fußgänger, Steuerung individueller öffentlicher Verkehrsmittel); (4) Systeme zur Unterstützung der Fahrzeugsicherheit (Kollisionsdetektoren, Sektorisierung von Verkehrswegen).
Verkehrsstärke
Die Verkehrsstärke ist eine Kennzahl für die Stärke eines Verkehrsstroms an einem Querschnitt, gemessen in der Anzahl der Verkehrseinheiten, die diese Stelle pro Zeiteinheit passieren. Man spricht in diesem Zusammenhang von Streckenbelastung, wenn sich die Quantifizierung des Verkehrsstroms alternativ auf einen betrachteten Streckenabschnitt und nicht auf einen Querschnitt bezieht.
Verkehrsstärke = Verkehrseinheiten am Querschnitt / Bezugsperiode
Gebräuchliche Einheiten für die Verkehrsstärke sind z. B. Fahrzeuge [Fzg] pro Tag [24h] oder Stunde [h] (z. B. durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke, kurz DTV [Fzg/24h])
Radar Radio Detecting and Ranging Dieses elektromagnetische Ortungsverfahren beruht auf dem Prinzip des Echos. Man unterscheidet zwischen Primär- und Sekundärradar.
Global Positioning System Global Positioning System (GPS), offiziell NAVSTAR GPS, ist ein globales Navigationssatellitensystem zur Positionsbestimmung und Zeitmessung. GPS basiert auf Satelliten, die mit kodierten Radiosignalen ständig ihre aktuelle Position und die genaue Uhrzeit ausstrahlen. Aus den Signallaufzeiten können GPS-Empfänger dann ihre eigene Position und Geschwindigkeit berechnen.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?117561

Gedruckt am Sonntag, 23. Februar 2025 09:35:56