Maritime Verkehrssicherung
Erstellt am: 22.10.2004 | Stand des Wissens: 12.06.2024
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
Technische Universität Hamburg, Institut für Logistik und Unternehmensführung, Prof. Dr. T. Blecker
Technische Universität Hamburg - Institut für Logistik und Unternehmensführung
Die maritime Verkehrssicherung hat die Vermeidung von Unfällen und Gefahren für menschliches Leben und Gesundheit, Schiff und Ladung sowie die natürliche Umwelt zum Ziel. Prinzipielle Regelungen für die internationalen Gewässer werden im Rahmen der International Maritime Organization (IMO) vereinbart und können in den Hoheitsgewässern durch jeweilige nationale Regelungen ergänzt werden.
Die maritime Verkehrssicherung in den deutschen Hoheitsgewässern obliegt der Wasser und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Die Seeschifffahrtsstraßenordnung (SeeSchStrO) bestimmt in Paragraph 2 Absatz 1 Nummer 22 die "Maritime Verkehrssicherung [als] die von der Verkehrszentrale zur Verhütung von Kollisionen und Grundberührungen, zur Verkehrsablaufsteuerung oder zur Verhütung der von der Schifffahrt ausgehenden Gefahren für die Meeresumwelt gegebenen Verkehrsinformationen und Verkehrsunterstützungen sowie erlassenen Verfügungen zur Verkehrsregelung und -lenkung."
Die Aufgaben der WSV umfassen dabei unter anderem [WSV09] die Sicherstellung der Erfüllung der Sicherheitsanforderungen von Wasserstraßen, die Vermeidung von Gefahren für Mensch und Umwelt durch maritimen Verkehr, den Betrieb von festen und schwimmenden Schifffahrtszeichen, Verkehrszentralen, Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und Notschleppern.
Zur Unterstützung der Schiffssicherheit sind VTS (Vessel Traffic Services), AIS (Automatic Identification System) und GMDSS (Global Maritime Distress and Safety System) eingesetzt. Die Verkehrszentralen oder VTS-Zentralen (Vessel Traffic Service Centres) sind die ordnungsausführenden Organe der Strom- und Schifffahrtspolizeibehörden (siehe Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS)) und sind organisatorisch, technisch und personell so ausgestattet, um die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs gewährleisten sowie die von der Schifffahrt ausgehenden Gefahren und schädlichen Umweltauswirkungen zu verhindern. Fast der gesamte deutsche Küstenbereich wird dabei mittlerweile von VTS-Zentralen (Wilhelmshaven, Emden, Bremerhaven, Bremen, Cuxhaven, Brunsbüttel, Hamburg, Nord-Ostsee-Kanal (NOK), Travemünde und Warnemünde) abgedeckt, welche den Schiffsverkehr überwachen und ihm assistieren. Die VTS-Zentrale Wilhelmshaven empfängt in der Nordsee zudem die AIS-Signale der deutschen Bucht. In der Ostsee übernehmen die VTS-Zentralen Travemünde und Warnemünde diese Aufgabe [BSH10, S. 8-14]. Seit März 2012 wurde für die bisher nicht erfassten Bereiche Küstenmeer Schleswig-Holstein, Westküste Schleswig-Holstein und Deutsche Ausschließliche Wirtschaftsszone (AWZ) Nordsee der Probebetrieb der Maritimen Verkehrssicherung aufgenommen [ELWI12].
Zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit hat die WSV, eine dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) nachgelagerte Verwaltung, das "Sicherheitskonzept Deutsche Küste" entwickelt. Es unterscheidet in Präventiv- und Notfallmaßnahmen [WSV10, S. 8]. Präventive Maßnahmen sind: Verkehrsvorschriften, Verkehrswegeführung, Maritime Verkehrssicherung, Schiffsmeldesysteme und Meldeverfahren, Pflicht zur Annahme von Seelotsen, Vollzug und schifffahrtspolizeiliche Präsenz, Ausdehnung der Hoheitsgewässer, Verfügbarkeit von Notschleppkapazitäten auf See und Zugriff auf Schlepper in den Revieren, Zugriff auf Leichter- und Entsorgungskapazitäten, Point of Contact, Unfall- und Havarievorsorge.
Maritimes Notfallmanagement sind: Havariekommando, Verkehrsbezogener Brandschutz, Schadstoffunfallbekämpfung, Luftüberwachung, Gemeinsames Maritimes Sicherheitszentrum des Bundes und der Küstenländer.
Maritimes Notfallmanagement sind: Havariekommando, Verkehrsbezogener Brandschutz, Schadstoffunfallbekämpfung, Luftüberwachung, Gemeinsames Maritimes Sicherheitszentrum des Bundes und der Küstenländer.
Ein Teil der Maßnahmen wird neben der WSV auch von anderen Behörden und Institutionen, wie beispielsweise dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) oder der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) wahrgenommen [WSV10, S. 6].
Bei schweren Seeunfällen wird in Deutschland das Havariekommando in Cuxhaven tätig, welches seit 2003 die Einsatzleitung in diesen Fällen übernimmt. Eine gegeben falls notwendige internationale Zusammenarbeit ist unter Beachtung des Helsinki-Übereinkommens in der Ostsee, bzw. des Bonn-Übereinkommens in der Nordsee möglich. Zudem gibt es noch detaillierte Pläne mit denen benachbarten Küstenländern, wie den DENGER-Plan mit Dänemark und den NETHGER-Plan mit den Niederlanden für den Nordsee- sowie den SWEDENGER-Plan mit Dänemark und Schweden sowie ein Operationsabkommen mit Polen für den Ostseebereich. Inhalt ist in allen Plänen zumeist das Zusammenspiel bei einem Schadstoffunfall [BMU10b].
Zur Maritimen Verkehrssicherung zählt auch die Antizipation zukünftiger Situationen und somit die Beschäftigung mit Themen, wie dem Klimawandel. Mit dem Einfluss des Klimawandels auf die Wasserstraßen wird sich seit dem Jahr 2009 intensiv beschäftigt. Das BMVBS initiierte hierzu das Forschungsprogramm KLIWAS [BMVI15p]; der Untersuchungszeitraum wurde bis 2013 festgelegt. Das Forschungsprogramm umfasste insgesamt rund 30 Projekte mit fast 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, um die Wasserstraßen in Deutschland für die Zukunft zu sichern.Das Hauptziel der KLIWAS-Aktivitäten bestand darin, den erforderlichen Anpassungsbedarf zu erkennen und Vorschläge für Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln. Dazu gehörten Handlungsoptionen für Wasserstraßen, aber auch mögliche Maßnahmen für die Verkehrslogistik, Schiffstypen, Gewässergüte sowie Arbeitssicherheit [KLIWAS01]. Das WSV als Betreiber der Wasserstraßen übernahm eine wichtige Rolle im KLIWAS-Forschungsprogramm, um zu zielführenden Erkenntnissen zu gelangen und einen intensiven Austausch zwischen WSV und der Wissenschaft zu gewährleisten [Mose11, S. 13; Sche11c, S. 8].