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Verkehrsmittelwahl (Modal Split) in Abhängigkeit raum- und siedlungsstruktureller Gegebenheiten

Erstellt am: 20.10.2004 | Stand des Wissens: 15.12.2023
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike

Das Verkehrsverhalten der Bewohner eines Gebietes ist, neben sozio-demografischen Merkmalen der Verkehrsteilnehmenden, dem Wegezweck und dem Verkehrsangebot, auch von der jeweiligen Siedlungsstruktur abhängig. Hierunter fällt insbesondere das Verkehrsmittelwahlverhalten, das je nach Siedlungsstruktur mitunter stark variiert. Die Erhebung zur Mobilität in Deutschland 2017 (MiD) [Nobi18] zeigt den Zusammenhang zwischen Verkehrsmittelwahl sowie raum- und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten (siehe Abbildung 1).
Modal Split des Verkehrsaufkommens
Abb. 1: Modal Split des Verkehrsaufkommens nach Raumtyp [Nobi18, S. 47] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Motorisierte individuelle Verkehrsmittel, unter ihnen hauptsächlich der Pkw, werden im Vergleich zu allen anderen Verkehrsmitteln über alle Raumtypen hinweg am häufigsten für die Ortsveränderungen von Personen genutzt. Sie dominieren insbesondere die Mobilität im ländlichen und dörflichen Raum dort werden bis zu 70 Prozent aller Wege mit dem Auto zurückgelegt. Und auch in Großstädten und zentralen Städten im ländlichen Raum dominiert der MIV mit einem Anteil von bis zu 56 Prozent am örtlichen Modal Split. Anders verhält es sich dagegen in Metropolen: hier wird nur für etwas über ein Drittel aller Wege das Auto gewählt, deutlich stärker sind die Verkehrsmittel des Umweltverbundes vertreten [Nobi18, S. 47].

Der Besitz eines Pkw wirkt sich auf die Länge der Tagesstrecke aus. So legen Personen mit Auto längere Strecken zurück als Personen aus Haushalten ohne Auto. Besonders deutlich wird dieser Unterschied im ländlichsten Raumtyp: Die durchschnittliche Tagesstrecke, die hier von Personen aus Haushalten ohne Pkw zurückgelegt wird, ist 26 km kürzer (und damit weniger als halb so lang) als jene der Autobesitzer [Nobi18, S. 48f.].
Der öffentliche Personennahverkehr genießt besonders in Metropolen großen Zuspruch hier wird jeder fünfte Weg per Bus und Bahn zurückgelegt und etwa ein Drittel der am Tag zurückgelegten Kilometer entfallen auf den ÖPNV (siehe Abbildung 2). Dieser große Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen liegt weit über dem Bundesdurchschnitt (10 Prozent) und stellt auch im Raumtypen-Vergleich eine Ausnahme dar: Im kleinstädtischen und dörflichen Raum beträgt der Anteil zum Teil lediglich 5 Prozent und sogar in Großstädten entfällt nur etwas mehr als jeder zehnte Weg auf die öffentlichen Verkehrsmittel [Nobi18, S. 47].
Für spezifische Aussagen in einzelnen Städte können auch stadtbezogene Erhebungen herangezogen werden, wie sie mit der Verkehrserhebung Mobilität in Städten für 135 Städte bereits vorliegen [SrV18h].
Fuß- und Radverkehr
In Metropolen, aber auch in Großstädten und zentralen Städten ländlicher Regionen kommt dem Fußverkehr eine hohe Bedeutung zu. Mit einem Anteil von 27 beziehungsweise 24 Prozent liegt er hier teilweise weit über dem Bundesdurchschnitt von 22 Prozent. Auch der Radverkehrsanteil ist in verdichteten Regionen höher als im ländlichen Raum. Interessant ist dabei, dass der Radverkehr in allen Raumtypen (Metropolen ausgenommen) mehr Zuspruch genießt als der öffentliche Nahverkehr [Nobi18, S. 47]. Hier besteht ein Zusammenhang mit einer unzureichenden und unflexiblen ÖV-Infrastruktur in ländlichen Gebieten: Während Bus und Bahn in verdichteten Stadtregionen eine geeignete Alternative zum dichten Verkehr bildet, kommt für die benötigte Flexibilität auf dem Land vor allem der Individualverkehr in Frage.
Modal Split der Verkehrsleistung
Abb. 2: Modal Split (Verkehrsleistung) nach Kreistypen [infas10a, S. 45] (Grafik zum Vergrößern bitte anklicken)
Ansprechpartner
Institut für Mobilitäts- und Stadtplanung, Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr.-Ing. Dirk Wittowsky
Zugehörige Wissenslandkarte(n)
Mobilität in Stadt und Land (Stand des Wissens: 28.11.2023)
https://www.forschungsinformationssystem.de/?344555
Literatur
[Nobi18] Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH (infas),, Deutsches Zentrum für Raum- und Luftfahrt (DLR),, IVT Research GmbH,, infas 360 GmbH Mobilität in Deutschland 2017 (MiD 2017) - Ergebnisbericht , 2018
[SrV18h] Gerike, Regine , Hubrich, Stefan, Ließke, Frank, Wittig, Sebastian, Wittwer, Rico Sonderauswertung zum Forschungsprojekt "Mobilität in Städten - SrV 2018". Städtevergleich
, 2020/03
Weiterführende Literatur
[SrV09a] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, G.-A., Ließke, F., Wittwer, R., Hubrich, S. Endbericht zur Verkehrserhebung Mobilität in Städten - SrV 2008 und Auswertungen zum SrV-Städtepegel, 2009/12
[infas10a] DLR - Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Verkehrsforschung, infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft , Follmer, R., Gruschwitz, D., Jesske, B., Quandt, S., Lenz, B., Nobis, C., Köhler, K., Mehlin, M. Mobilität in Deutschland 2008 (MiD 2008) - Ergebnisbericht Struktur - Aufkommen - Emissionen - Trends, 2010/02
[SrV09] TU Dresden, Lehrstuhl Verkehrs- und Infrastrukturplanung, Prof. Dr.-Ing. G.-A. Ahrens, Ahrens, G.-A., Wittwer, R., Ließke, F., Hubrich, S. Sonderauswertung zur Verkehrserhebung "Mobilität in Städten - SrV 2008" Städtevergleich, TU Dresden, 2009/11
Glossar
ÖV
Der öffentliche Verkehr (ÖV) ist sowohl im Personen-, Güter- sowie Nachrichtenverkehr für jeden Nutzer in einer Volkswirtschaft öffentlich zugänglich. Dazu zählen sowohl die öffentliche Personenbeförderung, der öffentliche Gütertransport als auch die öffentlichen Telekommunikations- und Postdienste. Der ÖV wird dabei von Verkehrsunternehmen nach festgelegten Routen, Preisen und Zeiten durchgeführt. Der ÖV ist somit im Gegensatz zum Individualverkehr (IV) örtlich und zeitlich gebunden.
Vor dem Hintergrund der verkehrspolitisch geförderten Multimodalität wird der ÖV zunehmend breiter definiert, indem auch alternative Bedienformen, Taxen bis hin zu öffentlichen Fahrrädern und öffentlichen Autos als Teil eines neuen individualisierten ÖV gesehen werden.
Umweltverbund
Unter dem Begriff Umweltverbund wird die Kooperation der umweltfreundlichen Verkehrsmittel verstanden. Hierzu zählen die öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus und Taxis), nicht motorisierte Verkehrsträger (Fußgänger und private oder öffentliche Fahrräder), sowie Carsharing und Mitfahrzentralen. Ziel ist es, Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen, ihre Wege innerhalb des Umweltverbunds, anstatt mit dem eigenen Pkw, zurückzulegen. Zunehmend wird der Begriff Mobilitätsverbund genutzt.
Motorisierter Individualverkehr Als motorisierter Individualverkehr (MIV) wird die Nutzung von Pkw und Krafträdern im Personenverkehr bezeichnet. Der MIV, als eine Art des Individualverkehrs (IV), eignet sich besonders für größere Distanzen und alle Arten von Quelle-Ziel-Beziehungen, da dieser zeitlich als auch räumlich eine hohe Verfügbarkeit aufweist. Verkehrsmittel des MIV werden von einer einzelnen Person oder einem beschränkten Personenkreis eingesetzt. Der Nutzer ist bezüglich der Bestimmung von Fahrweg, Ziel und Zeit frei (örtliche, zeitliche Ungebundenheit des MIV).
Öffentlicher Personennahverkehr
Der öffentliche Personennahverkehr ist juristisch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert. Laut Paragraf 8, Absatz 1 und 2 umfasst der ÖPNV "die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen". Taxen oder Mietwagen können dieses Angebot ersetzten, ergänzen oder verdichten.
Der Begriff ÖPNV bezieht sich in der Regel auf Strecken mit einer gesamten Reiseweite von weniger als 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von weniger als einer Stunde. Das in einer Stadt oder Region erforderliche Nahverkehrsangebot und dessen Eignung hinsichtlich Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird in einem Nahverkehrsplan definiert und festgehalten.
Modal Split
Modal Split wird in der Verkehrsstatistik die prozentuale Verteilung des Personen- und Güterverkehrs auf verschiedene Verkehrsmittel (Modi) genannt. Der Modal Split ist Folge des Mobilitätsverhaltens der Menschen und der wirtschaftlichen, insbesondere der verkehrlichen Entscheidungen von Unternehmen.
Verkehrsleistung
Die Verkehrsleistung gibt Auskunft über die Inanspruchnahme von Ressourcen. Als Verkehrsleistung wird die auf eine Zeiteinheit t (zum Beispiel ein Jahr) bezogene Verkehrsarbeit definiert und als Quotient dargestellt. Die Verkehrsarbeit wird dabei als Produkt von Verkehrseinheiten (zum Beispiel Güter oder Personen) und der durch diese zurückgelegten Strecke gebildet. In der Verkehrswissenschaft sind die Einheiten Personenkilometer pro Jahr [Pkm/a] oder Tonnenkilometer pro Jahr [tkm/a] gebräuchlich.

Auszug aus dem Forschungs-Informations-System (FIS) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur

https://www.forschungsinformationssystem.de/?115640

Gedruckt am Freitag, 29. März 2024 16:16:00