Einfluss der Arbeitszeiten auf die Fahrgemeinschaften im Berufsverkehr
Erstellt am: 07.10.2004 | Stand des Wissens: 21.06.2019
Synthesebericht gehört zu:
Ansprechperson
TU Dresden, Professur für Integrierte Verkehrsplanung und Straßenverkehrstechnik, Prof. Dr.-Ing. Regine Gerike
Die meisten Interessenten für Fahrgemeinschaften kommen aus dem Kreis von zuvor alleinfahrenden Pkw-Nutzern und wünschen sich eine Fahrgemeinschaft an fünf Tagen in der Woche [RoMe99]. Betriebe beeinflussen durch folgende Arbeitszeitregelungen die Bereitschaft zur Teilnahme an Fahrgemeinschaften:
- Übereinstimmung der Arbeitszeiten der Teilnehmer an Fahrgemeinschaften,
- Planbarkeit des Arbeitszeitendes (zum Beispiel Anteil der Tage mit kurzfristiger Verlängerung der Arbeitszeit) sowie
- Regelungen zur Schicht- und Gleitzeit.
Übereinstimmung der Arbeitszeiten
Reinke hat bei einem Feldversuch identifiziert, dass bei rund 43 Prozent der Interessenten für Fahrgemeinschaften eine "annähernd gleiche Arbeitszeit" als "wesentlichste Voraussetzung für die Bildung einer Fahrgemeinschaft" angesehen wird [Reinke85]. Lag die Summe der Abweichungen der Arbeitszeiten (morgens und abends) für die vorgeschlagenen Fahrgemeinschaften bei nicht mehr als 15 Minuten, erfolgte keine Ablehnung aus diesem Grund. Dagegen wurden Vorschläge für Fahrgemeinschaften mit mehr als 30 Minuten Arbeitszeitabweichung (morgens und abends zusammen) nicht akzeptiert. Reinke empfiehlt daher, keine Angebote für Fahrgemeinschaften mit Arbeitszeitabweichungen von mehr als 26 Minuten zu unterbreiten (vgl. Abbildung 1) [Reinke85, S. 60].
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Planbarkeit des Arbeitszeitendes
Als negativer Einfluss auf die Bildung von festen Fahrgemeinschaften wird gesehen, dass in der heutigen Arbeitswelt eine höhere Flexibilität des Arbeitnehmers gefordert ist. Das heißt, das Arbeitszeitende ist weniger planbar.
In der Studie "Strategien zur Erhöhung des Besetzungsgrades im Pkw-Verkehr" wird berichtet, dass Personen mit flexibler Arbeitszeit 71 Prozent ihre Arbeitszeit mindestens einen Tag im Voraus planen. Bei Teilnehmern von Fahrgemeinschaften sind dies 93 Prozent; bei Nicht-Teilnehmern nur 60 Prozent [DHHK98, S. 111].
Eine Möglichkeit, dieses Problem zu beheben, besteht im Angebot einer "Heimfahrtgarantie" als mögliche Maßnahme auf betrieblicher Ebene.
Regelungen zur Schichtarbeit
Problematisch für die Bildung von festen Fahrgemeinschaften ist es auch, wenn Pendler zu verschiedenen Schichten im Wechsel arbeiten, ohne dass die Teilnehmer immer in der gleichen Schicht sind.
Regelungen zur Gleitzeit
In der Forschung ist umstritten, ob Gleitzeitregelungen
- der Bildung von Fahrgemeinschaften entgegenstehen (dies ist dann der Fall, wenn es zu vielen kurzfristigen Änderungen in der Arbeitszeit kommt) [RoMe99] oder
- die Möglichkeit zur Teilnahme an Fahrgemeinschaften eher unterstützen (dadurch, dass potenzielle Teilnehmer, die bezüglich Start und Ziel gut zueinander passen, die Arbeitszeit an die Zeiten der Mitfahrer in einem gewissen Rahmen leicht anpassen können) [Reinke85].
Die Studie "Strategien zur Erhöhung des Besetzungsgrades im Pkw-Verkehr" kann die These, dass flexible Arbeitszeiten Fahrgemeinschaften erschweren, nicht stützen: Während 82 Prozent aller Befragten angeben, die Arbeitszeit flexibel gestalten zu können, sind dies bei den aktiven Teilnehmern von Fahrgemeinschaften 90 Prozent [DHHK98, S. 110].
Bei Infineon in Dresden wurde ermittelt, dass von den im Schichtbetrieb beschäftigten Personen mithilfe von Mobilitätsmanagement-Maßnahmen der Anteil der Mitfahrer von 8 Prozent auf 13 Prozent gesteigert werden konnte, wohingegen sich der entsprechende Anteil bei den Gleitzeitbeschäftigten nur von 1 Prozent auf 2 Prozent erhöhte [HRNR06].